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Die ewige Hochzeit. Der brennende Kalender
162 Bücher



Max Dauthendey
Die ewige Hochzeit. Der brennende Kalender . 1. Auflage 1905



Mai

Ich war im Maienabend am Bach,
Der lief der buhlenden Dämmerung nach;
Wohlgeruch tat auf den Grasspitzen stehn,
Es mußten Veilchen im Abend umgehn.
Gebückt ein Mädchen am Erdboden saß,
Sie legte die blaue Schürze ins Gras;
Sie griff ins Dunkel mit ihrer Hand,
Wollüstig der Abhang voll Veilchen stand.
Dunkler und dunkler ward es umher;
Nur ihr Atem verriet sie, der ging so schwer.




Ach, Deine Augen schönes Mädchen,
Du hast die Wimper nicht gerührt,
Und doch knüpftest Du Deine Fädchen,
Hast mir mein Herz lässig entführt.

Und schlägst Du auch die Augen nieder,
Mein Herz ließ ich noch nie in Stich;
Zu meinem Herz wollen die Glieder,
Noch heute Nacht umarm ich Dich.




Junger Mond schleicht in den Bäumen,
Lautlos scheint ein Mensch zu wandern;
Kommt auf blankem schlankem Schuh,
Streicht von einem Baum zum andern.

Ist ein jung vernarrter Mensch,
Will das Herz der Liebsten holen;
Und sein Schuh der fing schon Feuer,
Heißgelaufen sind die Sohlen.

Feuer fangen auch die Bäume,
Denn bald brennt der ganze Mann;
Brennend sucht er nach der Einen,
Die den Schuh ihm löschen kann.




Hab meinen Schatz geküßt,
Daß auf seiner Wang
Eine rote Nelk entsprang.

Ei, mein Schatz macht heiß
Daß ich Feuer fang
Und ihn gut zu küssen weiß.

Lebt Ihr weil man muß,
Ich leb weil man liebt,
Weil vom Schatz ein Kuß
Lust zum Leben und zum Sterben gibt.




Du tust wie frischer Morgen
Den heißen Gliedern wohl;
Ich seh voll Tau ohn Sorgen
Den Tag der werden soll.

Frühlicht auf zarten Füßen
Kommt durch die Nebel zum Bach;
Wie jung Licht tust Du grüßen
Denk ich über Dich nach.

Hebst Lerchen über Auen,
Daß sie zum Himmel dringen;
Mein Herz wird ein Pünktlein im Blauen
Und will sein Leben versingen.




In den laubigen Buchenhecken
Spielten wir wie zwei Blätter verstecken;
Haben geküßt und wenig gedacht,
Wären gestorben und hätten gelacht.

Lagen unter der Mondscheindecke,
Nachtigall kam in die blaue Hecke;
Nachtigall ist in den Mond verliebt,
Weil er den Lippen die Herzen gibt.
Nachtigall lockt die lautlosen Stunden
Bis zwei Lippen ein Herz gefunden.




Es hingen wie duftende Hände von Frauen
Blaß die Akazienblüten im Blauen;
Sie streuten uns süße Betäubung aus,
Die Füße fanden nicht mehr nach Haus.

Wir suchten im Gras nach tiefgrünen Ecken,
Wollten berauscht das Auge verstecken;
Kein Versteck war uns dunkel genug
Weil's Auge Feuer ins Dunkel trug.

Es hingen an Gittern die Rosen wie Tropfen,
Wie Herzen die schmachtend an Gitter klopfen;
Vor Rosen fanden wir kaum das Haus,
Rosen brannten das Auge aus.

Und wär ich erblindet, wär dies geschehen,
Ich müßte immer und ewig Dich sehen,
Denn keine Blindheit macht dunkel genug,
Weil ich im Auge wie Feuer Dich trug.




Lustige Blumen im grünen Grund
Seid Hochzeitsbetten an Seligkeit bunt.
So lang die Blume voll Honig lacht,
Währt in den Betten die Hochzeitsnacht;
Gehe ich an den Blumen vorbei,
Wünsch ich mir meine Liebste herbei.


  Max Dauthendey . 1867 - 1918






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