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Gottfried August Bürger
Gedichte . 1789



An Göckingk

Nun, nun! Verschütt' Er nur nicht gar
Das Kindlein sammt dem Bade!
Das arme Kindlein das! Für wahr!
Es wär' ja Jammerschade.

Denn, sieht Er, trotz der Plackeren,
Beym Zeugen und Gebären,
Mag doch die edle Reimerey
Auch viel Profit bescheren.

Trotz Sing und Sang von Cypripor,
Apoll, Achill und Hektor,
Bleibt man zwar Amtmann, nach wie vor,
Auch - Herr Kanzleydirector.

Denn leichter wird Vocation
Zu Pension und Pfründen
Die kahlste Dissertation,
Als Iliaden finden.

Auch mästet man sich eben nicht
Von Mäcenaten-Gnade;
Trägt Abcbuchs-Angesicht
Und Schlotterbauch und Wade.

Die Herren von der Klerisey,
Und aus dem edlen Rathe
Verschmelzen mehr in Supp' und Brey,
Und prunken baß im Staate.

Doch neid' ich nicht das Bonzenheer
Um seine dicken Köpfe.
Die meisten sind ja hohl und leer,
Wie ihre Kirchthurmknöpfe.

Doch - Spaß bey Seite! - Hör' Er an,
Falls ihm mein Ernst beliebig!
Ist denn nicht auch für ihren Mann
Poeterey ergiebig?

Bedenk' Er nur, wie schön das ist!
Verleger, wohlgezogen,
Bezahlen oft, zu dieser Frist,
Mit Louisd'or den Bogen.

Wächst nun im zehnten sauern Jahr
Zehn Bogen stark Sein Bändchen,
So schnappt Er ja an Trankgeld baar
Zehn Blinde, ohne Rändchen.

Das heißt doch nicht für Katzendreck
Sich müd' und lahm kasteyen.
Soll denn so viel gebratner Speck
Umsonst ins Maul Ihm schreyen?

Herr Ugolino muß doch auch,
Nebst Weib und Kind und Gästen,
Nach altem hergebrachten Brauch
Von unserm Hirn sich mästen.

Steht der gelahrte Facultist
Dagegen doch viel kahler.
Dem setzt es kaum, wenn's köstlich ist,
Zwey Gulden oder Thaler.

Drob ärgern sich nun freylich baß
Die Herren Facultisien,
Und sticheln Ihm ohn' Unterlaß
Brav auf die Belletristen.

Manch Herr Professor kriegte schon
Vor Kummer graue Haare,
Daß mehr jetzt gilt ein Agathon,
Als Fakultäten-Waare.

Der Ruhm hat freylich große Last
In diesem Jammerleben,
Wie du davon zum Sprechen hast
Ein Konterfey gegeben.

Doch nach dem Tode geht's erst an!
Denn auch bey den Tongusen,
Nach tausend Jahren, ehret man,
So Gott will! unsre Musen.

Dort illustrirt man fein aus uns
Antiquitäten-Listen.
Uns liest manch hochberühmter Duns
Gelahrter Humanisten;

Die jetzt aus ihrem Bücherschrein
Verächtlich uns verschieben,
Weil wir nicht griechisch und Latein
Und nicht arabisch schrieben.

Dort preist man unsre Opera
Durch Commentationen,
Inaugural-Programmata
Und Dissertationen.

Schon hör' ich Kritler-Mordgeschrey
In meinem stillen Grabe:
Wer die Lenore doch wohl sey?
Ob sie gelebet habe?

Man bringt, bald chrestomathice
Uns winzig klein in nucem;
Bald commentirt cum Indice
In Folio ad lucem.

Wie schön, wenn Knaben, jung und alt,
In jenen goldnen Tagen,
Zur Schul', in Riemen eingeschnallt,
Mich alten Knaster tragen!

Aus mir Vocabeln wohlgemuth
Und Phrases memoriren,
Um mich so recht in Saft und Blut,
Vt ajunt, zu vertiren?

Und gehts nicht mit der Lection
Und mit dem Erponiren,
Dann wirds gar schlecht im Hause stohn. -
Der Junker muß cariren! -

Sieh, was die Reimerey beschert,
Die Du vermaledeyet!
Das ist doch wohl der Federn werth,
Die man darum zerkäuet? -

Nur Eine Angst vergällt den Ruhm,
Den ich mir fantasire,
Daß einst nicht, wie Horatium,
Mich Hans und Kunz vertire.


  Gottfried August Bürger . 1747 - 1794






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