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Gedichte
162 Bücher



Robert Eduard Prutz
Gedichte . 3. Auflage 1847



Prinz Redner

1842.

Es war einmal ein kleiner Prinz,
    Dem war es angeboren,
Und Hof und Hauptstadt und Provinz
    Gebrauchte nichts als Ohren.
Er sprach bei Tag, er sprach bei Nacht,
    Die Länge und die Breite,
Er sprach, noch eh' er aufgewacht,
    Demosthenes der Zweite.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Er was spricht der Prinz so schön!

Er sprach wohl hin, er sprach wohl her,
    Er sprach von großen Thaten,
Und wie das Volk so glücklich wär'
    In seiner Hohheit Staaten:
Er sprach von Gott und Ewigkeit
    Und von dem Kohl im Garten,
Er sprach von einer neuen Zeit -
    Nur müßten sie noch warten.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Es was spricht der Prinz so schön!

Er sprach um eins, er sprach um zwei,
    Der Thron ward zum Katheder,
Und denkt euch nur: das Volk war frei,
    Denn - hören durfte Jeder.
Zwar war bei Hof und in der Stadt
    Die Hälfte taub geworden:
Doch wer die längsten Ohren hatt',
    Der kriegte einen Orden.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Früh, wenn man ihn zur Arbeit rief,
     (Das heißt, zum Unterschreiben)
Da zog der Prinz die Nase schief
    Und wollt' es hintertreiben.
Er rief und sprach: Ei doch, ei doch,
    Es wird ja nicht pressiren,
Laßt mich nur erst ein bischen noch,
    Ein bischen deklamiren.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Und kam das Ministerium
    Und wollte Sitzung halten,
Gleich rief der Prinz: Ei, ei, wie dumm!
    Was wollt ihr mit Verwalten?
Ich hab' es anders mir erdacht,
    Die Völker zu beglücken:
Man muß bei Tag, man muß bei Nacht
    Durch Reden sie entzücken.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Doch weh der Stadt und weh dem Land,
    Der Feind steht vor den Thoren!
Und weil er nichts vom Krieg verstand,
    So schien mein Prinz verloren.
Er aber sprach: Nun Gott sei Dank,
    Das will ich schon kuriren -
Der Feind bekam den Ohrenzwang
    Und mußte retiriren.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Drauf weil die Steuern gar zu groß,
    Es war nicht mehr zu tragen,
So brach im Volk ein Aufstand los:
    Herr Prinz, uns knurrt der Magen.
Er aber sprach: Ei nein, ei nein,
    Ihr müßt euch menagiren,
Wer wird denn so gefräßig sein?
    Laßt euch was deklamiren.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Doch weil das Volk ihn täglich plagt
    Mit langen Petitionen,
So ward ein Reichstag angesagt
    Von Rittern und Baronen.
Der Prinz hub an; Nun habet Acht,
    Wer wird sich hier geniren?
Ich hab' es euch ja vorgemacht,
    Hier heißt es deklamiren.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Der Reichstag dachte: Merkst du was?
    Das ist ein Wink für Jeden!
Und über dies und über das,
    Nichts thaten sie, als reden.
Durch Gänse war das Capitol
    Dem Untergang entrissen,
So wird auch dieser Reichstag wohl
    Das Reich zu retten wissen.
            Deklamiren
            Und Parliren,
Ei was spricht der Prinz so schön!

Was weiter folgte und geschah,
    Ich kann es euch nicht melden,
Denn ach! das Buch der Chronika
    Weiß nichts von meinem Helden.
Nur wollte jüngst ein Kritikus,
    Ich weiß nicht wo, mir sagen,
Daß man im besten Redefluß
    Ihn auf den Mund geschlagen -
            Deklamiren
            Und Parliren -
Könige, was sprecht ihr schön!!


  Robert Eduard Prutz . 1816 - 1872






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