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Robert Eduard Prutz
Gedichte
. 3. Auflage 1847
Perlen und Lieder
Geht am Strand das Fischermädchen, früh vom Morgenwind umgaukelt,
Wenn bei Nacht die tolle Windsbraut auf den Wellen sich geschaukelt,
Sieht mit Perlen und Korallen sie das Ufer überspült,
Die der Sturm vom Meeresgrunde nächtlich hat heraufgewühlt.
Fröhlich der gefundnen Schätze, sammelt sie mit schnellen Händen,
Was an Perlen, an Korallen, ihr die dunklen Wogen spenden,
Schmückt behend sich Stirn und Busen, streicht die Locken, zupft das Kleid,
Sieht im Geiste die Gespielen schon erglühn vor Scham und Neid.
Ach! sie denkt ja nicht der Windsbraut, die die schimmernden Korallen
Ungestüm hat losgerissen aus des Meeres Felsenhallen;
Ach! sie ahnt nicht, daß der Sturmwind, der mit Schätzen sie beschenkt,
Viele reich beladne Schiffe, blonde Knaben viel versenkt!
- Und so bring' ich, liebe Kleine, dir die vielbewegten Lieder!
Lächelnd, wie das Fischermädchen, sieh auf diese Blätter nieder,
Freue dich der bunten Klänge, holdes Mädchen, und vergiß,
Daß ein Sturmwind diese Lieder mir aus tiefster Seele riß.
Robert
Eduard Prutz . 1816 - 1872
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