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Gedichte
162 Bücher



Robert Eduard Prutz
Gedichte . 3. Auflage 1847



Dichtergruß

1839.

Ein Gruß von euch, ihr deutschen Sanggenossen,
    Aus weiter Ferne freundlich mir gesandt?
Ich glaubte mich einsam und ausgeschlossen,
    Ein stiller Klausner, der sich selbst verbannt.
Ihr Andern schwärmt auf sonnig grünen Triften,
    Die Traube lacht, euch rauscht der goldne Rhein:
Ich sitze grübelnd hinter alten Schriften,
    Und meine Lampe wacht mit mir allein.

Mag Jeder so das beste Loos sich wählen,
    Wie es der Gott im Innern ihm gebeut!
Laßt ohne Groll sich auf die Seite stehlen,
    Wen Einsamkeit, die selige, erfreut!
Fern ist das Ziel, und ach! der Weg ist enge,
    Es ist nicht gut, daß man zu Zweien geht:
Leicht überschreit das Lied sich im Gedränge,
    Und dem Poeten taugt nicht der Poet.

Und doch ein Gruß dem Fernen, Ungekannten,
    Den euer Auge niemals hat erblickt?!
Habt warmen Dank! - und Allen, die ihn sandten,
    Sei dieses Lied zum Gegengruß geschickt!
Das soll sich rasch im muntern Fluge schwingen,
    Kein Adler freilich, keine Taube zwar,
Und dennoch wird's zu euch hinüber dringen,
    Weil ja mein Herz in diesem Liede war.

Wohl mißlich ist's in diesen lauten Tagen,
    Wenn sich des Liedes leiser Klang erhebt.
Der Hammer dröhnt, die Räder hör' ich jagen,
    Von Geisterathem wundersam belebt:
Und horch! da tönt mit langgezognem Rufe
    Ein Wächterhorn den deutschen Rhein entlang,
Und näher braust's, wie Stampfen rascher Hufe,
    Wie Waffenlärm und kriegrischer Gesang -!

Auch ist es wieder hier und dort zu lesen,
    Was man schon oft, nur stets ins Wasser, schrieb:
Daß deutsche Kunst und deutsches Lied gewesen,
    Und daß die Hefe nur im Becher blieb;
Man zürnt uns gar, daß wir noch singen wollen,
    Daß noch ein Lied aus heitrer Brust uns glückt,
Da schon die Donner aus der Ferne rollen,
    Und schon der Blitz aus dunkler Wolke zückt! -

Wir scheun es nicht! Nie an der Hämmer Dröhnen,
    Noch an der Räder rauhe Melodie,
Wird sich ein Ohr, ein menschliches, gewöhnen,
    Wenn Gott zum Ohr ein Herz zugleich verlieh.
Und wie sich auch der laute Markt mag treiben,
    Ob auch das Beil die Waldung niederhaut:
Es wird ein Platz doch in der Seele bleiben,
    Auf den ihr Nest die Nachtigall sich baut!

Und jener Klang, der jetzt bergauf und nieder,
    Ein Kriegesherold, durch die Welt sich schwingt,
Er stimmet wohl zum Echo unsrer Lieder,
    Ein frischer Klang, der unser Herz durchdringt!
Denn wer hat so des Vaterlandes Wunden,
    Das Messer so, das unsern Leib zerwühlt,
Und Ruhm und Schmach - wer hat sie so empfunden,
    Wie des Poeten warme Brust sie fühlt?

Auch nicht unkundig sind wir der Gefechte,
    Die dumpf und schwer, wie Wetterwolken drohn:
Im Licht der Sonne brüstet sich das Schlechte,
    Und die Gemeinheit spricht dem Edlen Hohn.
Das sind die Feinde, welche wir bekriegen,
    Tollkühnen Muthes, unsers Gottes voll,
Das ist der Drache, der zu Boden liegen
    Und unsre Ferse zitternd küssen soll! -

Krieg ist ein frisches, fröhliches Gewerbe:
    Sei denn der Klage Jammerton verbannt!
Vergeßt es nicht: es ruht ein heilig Erbe,
    Die deutsche Leier ruht in eurer Hand.
Für dies Panier laßt uns zusammenstehen,
    Ihr aus dem Süden, aus dem Norden wir,
Und die sich nie ins Angesicht gesehen,
    Zu Kampf und Sieg verbrüdert sind sie hier.

So wandeln wir, gleichwie mit stolzen Tritten,
    Aufrechten Haupts, mit schallendem Gesang,
Die Barden einst vor ihren Heeren schritten
    Und Jeder folgte freudig ihrem Gang:
So wandeln wir den Schlachten künft'ger Zeiten,
    Ein sieggewohnter, muntrer Chor voran,
Und jedes Wort, um das die Welt wird streiten,
    Prophetisch klingt's in unsern Liedern an.

Sie kommt gewiß - es muß ja endlich tagen,
    Ein Morgen dämmert nach der längsten Nacht!
Sie kommt gewiß, sie wird gewiß geschlagen,
    Die köstliche, die deutsche Freiheitschlacht!
O wenn sie kommt, wenn rasch, wie Donner gleiten,
    Ihr heil'ger Kriegsruf durch die Ebne rauscht,
O Freunde, dann das goldne Spiel der Saiten
    Sei mit des Schwertes blut'gem Ernst vertauscht!

Es wird ein Kampf wo alle Lieder schweigen! -
    Und doch, wenn einst der Schlachtenlärm verklang,
Dann himmelan wird eine Lerche steigen
    Mit wonnevoll lautschmetterndem Gesang:
Und die so lang kein holdes Lied vernommen,
    Die Menschen werden voll Entzücken stehn,
Aus allen Thälern wird ein Echo kommen,
    Und nimmer wird das deutsche Lied vergehn!


  Robert Eduard Prutz . 1816 - 1872






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