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Gedichte, Lyrik, Poesie

Gedichte
162 Bücher



Robert Eduard Prutz
Gedichte . 3. Auflage 1847



Der Rhein

1840.

Der deutsche Rhein -! Wie klingt das Wort so mächtig!
    Schon sehn wir ihn, den goldig grünen Strom,
Mit heitern Städten, Burgen stolz und prächtig,
    Die Lurlei dort und dort den Kölner Dom!
Der freie Rhein -! Gedächtniß unsrer Siege,
    Du mit dem Blut der Edelsten getauft,
Ruhm unsrer Väter, die in heil'gem Kriege
    Mit Liedern nicht, mit Schwertern dich erkauft! -

Ich sah ihn auch - es war ein böses Zeichen,
    Novemberwolken hingen drüber hin,
Nicht strömen, nein! mich dünkt, ich sah sie schleichen,
    Die goldne Fluth wie eine Bettlerin;
Als klagte sie, daß noch mit Zoll und Banden
    Sie ungestraft der Fremdling knechten darf,
Daß noch ein Wort, verfälscht und mißverstanden,
    Sie von des Meeres keuschem Busen warf.

Ich sah das Land - die Traube sah ich reifen,
    Die rechte Milch um Männer groß zu ziehn,
Ließ weit hinaus mein flammend Auge schweifen,
    Dem nie ein Traumbild lieblicher erschien:
Ein lautes Echo donnernd fortzutragen,
    Schien Strom und Thal und Felsen mir bereit;
Doch - grad heraus! man darf das Wort nicht wagen!
    Das freie Wort, ihr wißt es! ist gefeit!

Wer hat nun Recht zu sagen und zu singen
    Vom freien Rhein, dem freien deutschen Sohn?
O diese Lieder, die so muthig klingen,
    Beim ew'gen Gott! sie dünken mich wie Hohn.
Ja wolltet ihr erwägen und bedenken,
    Welch stolzes Wort von eurer Lippe kam,
Ihr müßtet ja das Auge niedersenken,
    Mit bittern Thränen voller Zorn und Scham! -

Es gilt nicht dir, der du zuerst gesungen
    Das stolze Wort vom freien deutschen Rhein,
Das durch die Welt sich adlergleich geschwungen:
    Dich schließ' im Geist in meinen Arm ich ein!
Aus voller Brust ist dir das Lied gequollen
    Und nicht im Käficht hast du es bewahrt:
Frei fliegt es hin, wohin die Winde wollen -
    Du thatest Recht! und das ist Sängerart.

Euch gilt mein Ruf, ihr Fürsten und Vasallen,
    In deren Händen unser Schicksal liegt! -
Euch Deutschen gilt es, nah und fern, euch Allen,
    So weit ein Hauch von deutschem Munde fliegt:
Mit euch zuerst müßt ihr den Kampf beginnen!
    Soll unverführt von heiserem Geschrei
Und ungetrübt des Rheines Welle rinnen,
    So seid zuerst ihr selber deutsch und frei!

Denn käme nun die Stunde der Gefahren,
    Die wir am Himmel dämmernd schon gesehn,
Ich meine wohl, ihr würdet bald gewahren,
    Daß es nicht leicht ist, Schlachten zu bestehn.
Nicht jene Burgen werden niedersteigen,
    Die Mädchen küssen, aber kämpfen nicht,
Die stummen Fische, glaubt mir! werden schweigen,
    Und Ruder brechen, wo ein Reich zerbricht.

'S giebt einen andern, kräftigern Genossen,
    Als jener Trümmer bröckelndes Gestein:
Wer ihm den Arm, den Busen ihm erschlossen,
    Der siegt durch ihn - und auch durch ihn allein!
Ein Feuer ist's, das unauslöschlich zündet,
    Ein Zauberwort, das Mauern niederreißt -
Drum frisch gewagt und euch mit ihm verbündet:
    Es ist der deutsche, ist der freie Geist!

Gebt frei das Wort, ihr Herrn auf euren Thronen!
    So wird das Andre sich von selbst befrein.
Wagt's und vertraut! In allen euren Kronen,
    Wo giebt's ein hellres, edleres Gestein?
Die Presse frei! Uns selber macht zum Richter,
    Das Volk ist reif! Ich wag's und sag' es laut:
Auf eure Weisen baut, auf eure Dichter,
    Sie, denen Gott noch Größres auch vertraut!

Sei deutsch, mein Volk! Verlern' den krummen Rücken
    An den du selbst unwürdig dich gewöhnt!
Mit freier Stirn, gradaufwärts mußt du blicken,
    Vom eignen Muth gesittigt und verschönt.
Es kann den Fürsten selber nicht gefallen,
    Dies schmeichlerisch demüthige Geschlecht -
Ein offnes Auge! so geziemt es Allen,
    Zu Boden sieht das Thier nur und der Knecht. -

So wird's erreicht! Und wenn in künft'gen Tagen
    Das stolze Frankreich unsern Rhein begehrt,
Wir werden es mit Lächeln dann ertragen,
    Dann ohne Lieder, doch die Hand am Schwert.
Denn dann gelang's, ihn ewig fest zu flechten:
    Die goldne Freiheit soll die Fessel sein!
Dann lohnt es sich, bis in den Tod zu fechten,
    Dann, deutsch und frei, dann bleibt er unser Rhein!


  Robert Eduard Prutz . 1816 - 1872






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