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Robert Eduard Prutz
Gedichte
. 3. Auflage 1847
Billigkeit
1842.
Nein, sie taugt nicht, unsre Jugend!
Nein, ihr fehlt die beste Tugend,
Ihr gebricht die Billigkeit.
Herzlich lieben! herzlich hassen,
Ja, in Bücher mag es passen;
Doch als Mensch muß man sich fassen,
Und die Wahrheit kommt nicht weit:
Seid doch billig!
Seid doch willig!
Jedes Ding hat seine Zeit.
Allzuscharf, wißt ihr, macht schartig.
Tadeln dürft ihr aber artig!
Räsonniren, aber sacht!
Flüstern müßt ihr, niemals sprechen,
Immer biegen, niemals brechen;
Jeder Mensch hat seine Schwächen,
Jeder Tag hat seine Nacht:
Seid doch billig!
Seid doch willig!
Nehmt die Billigkeit in Acht!
Schwarz und Weiß, das sind Extreme:
Grau, das ist das Angenehme,
Das so Schwarz wie Weiß enthält.
Jede Sache hat zwei Seiten,
Ueber jede läßt sich streiten;
Anders denken andre Zeiten
Und das Neueste gefällt:
Seid doch billig!
Seid doch willig!
Billigkeit regiert die Welt.
Seht, ihr selber werdet älter,
Eure Herzen werden kälter,
Und das Lebensöl verbrennt.
Eure Worte werden feiner,
Eure Wünsche werden kleiner;
Werdet noch wie Unsereiner -
Ordensband und Rathspatent!
Drum hübsch billig!
Drum hübsch willig!
Oder sonst - potz Sapperment.....
Robert
Eduard Prutz . 1816 - 1872
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