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Gedichte, Lyrik, Poesie

Gedichte
162 Bücher



Robert Eduard Prutz
Gedichte . 3. Auflage 1847



Aufforderung

1840.

So sei's denn Krieg! - Nicht zwischen mir und ihnen
    Soll Friede sein, die abgehärmt und bleich,
    Verweinten Auges, kranken Mägdlein gleich,
Dem falschen Ruhm der Aftermuse dienen!
Wollüst'ge Seufzer stöhnen sie und girren,
    Zerrissen sind die Saiten und das Herz:
Wohlauf, mein Lied! laß deine Pfeile schwirren!
    Denn auch das Lied ist ein geflügelt Erz.

Zwar euch ein Brandmal ist die Gunst der Lieder,
    Das euch wie Kain auf der Stirne glüht:
    Ein Oelzweig mir, der duftig mich umblüht,
Ein blitzend Schwert, ein lustiges Gefieder!
Euch hat die Muse, jammert ihr, gelogen,
    Ein Nessushemd ist euch die Poesie:
Ein Schleier mir, den in dem Drang der Wogen
    Mir Leukotheen's Götterhand verlieh!

So sei's denn Krieg! - Ein Schifflein seh' ich schwanken,
    Tollkühnen Flugs, auf hochgethürmter Fluth,
    Am Bord das Volk in trunknem Uebermuth
Zertrümmert selbst die Masten und die Planken.
Weh' euch, wohin? Schon nahe sind die Riffe,
    An denen bald das morsche Wrack zerschellt:
Sie aber fliegen, gleich dem Geisterschiffe,
    Als wär' ihr Ziel das Ende nur der Welt! -

Verlorne Fahrt! - Du Heimathland der Musen,
    O du so nah, und nur gesucht so fern,
    Dich zeigt kein Compaß, dich entdeckt kein Stern,
Wenn nicht das Herz dich zeigt im eignen Busen.
Nicht fern am Indus wehen deine Palmen,
    Nicht wo der Nilstrom durch die Wüste schleicht:
Glückselig schon, wird nur aus deutschen Halmen,
    Aus Wein und Rosen uns ein Kranz gereicht!

So nah, so fern-! Ein seliges Erinnern,
    Ein keuscher Stolz, mir selber nur bekannt,
    Als wärest du, du selbst mein Mutterland,
Durchbebt mich tief und wonnevoll im Innern.
Ich seh' dich hoch und höher vor mir steigen:
    So aus den Wassern hebt die Sonne sich:
Schon tauchst du auf, schon aus den goldnen Zweigen
    Umweht, wie Balsam, deine Kühle mich!

Zwar Wolken auch seh' über dir ich schweben,
    Auch Thränen, weiß ich, werden hier geweint;
    Doch Wolken sind's, durch die die Sonne scheint,
Sind Thränen nur, die noch zu lächeln streben.
Denn auch im Busch die Nachtigallen klagen
    Und nicht der Thräne sei ihr Recht verwehrt:
Nur was es sei, die Wonnen wie die Plagen,
    Von deinem Hauch sei Lust und Schmerz verklärt! -

So sei's gewagt! Zerschmettern und versenken,
    Ich fühle Kraft! will ich den Geisterkahn,
    Will frohen Muths auf sonnenheller Bahn
Gradaus den Kiel durch Sturm und Klippe lenken.
So sei's denn Krieg! Du, deutsches Volk, sei Richter!
    Dein Aug' ist wach, dein Herz ist stark und mild:
Entscheide du in diesem Kampf der Dichter,
    In dem es mehr, als einen Lorbeer gilt!


  Robert Eduard Prutz . 1816 - 1872






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