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Karl von Holtei
Gedichte
. 4. Auflage 1856
Ilm-Athen
oder: Es giebt nur ein Weimar!
(Aus Göthe's Todtenfeier auf
dem Königstädter Theater, am 10. April 1832.)
Mel. Was macht denn der Prater u.
"Du Reisender, sage, wo kommst Du denn her?"
Ich komme aus Weimar, wo ich gern wieder wär'!
"Ach, Weimar, das ist wohl ein herrlicher Ort?"
Die Fremden sind gleich wie zu Hause alldort!
"Die Gastfreundschaft herrscht da, das merk' ich nu schon."
Sie herrscht in der Stadt, denn sie sitzt auf dem Thron.
"Ei, das muß ja prächtig sein, das möcht' ich seh'n!"
:,: Es giebt nur ein Weimar, man heißt's: Ilm-Athen.:,:
"Sein viel junge Herren in Weimar zu seh'n?"
Genug; doch sie reden, man kann's kaum versteh'n.
"Wie kommt das? hab'n s' denn nicht gut sprechen gelernt?"
Das kommt halt, weil England zu weit ist entfernt.
"Sie studir'n also da? Nu, was lernen sie dann?"
Ei, sie lern'n Allerlei, mit der Galopp' fang'n s' an.
"Ach, das muß ja prächtig sein, das möcht' ich seh'n!"
:,: Es giebt nur ein Weimar, man heißt's: Ilm-Athen.:,:
"Große Dichter war'n sonst dort zusammengesellt!"
Jetzt lebt nur noch Einer, der gilt für die Welt.
"Wie heißt denn der Eine? o sage mir dies!"
Geh' frag' nur in Moskau, in London, Paris!
"Ist er alt oder jung? nur das zeig' mir noch an!"
'S ist ein Mann wie ein Jüngling, und ein Greis wie ein Mann!
"Ei, der muß ja prächtig sein, den möcht' ich seh'n!"
:,: Na, geh' nur nach Weimar, d'rum heißt's ja Athen.:,:
"Was hast Du zu klagen, was seufzest so schwer?"
Das Lied war von eh'mals, nun paßt es nicht mehr!
"Das Lied soll nicht passen? da hat's keine Noth!"
Ach, der, dem es galt, ach, der ist ja nun todt.
"Der Göthe soll todt sein? das glaub' ich Dir nie!"
So wär' er unsterblich? lebt' ewig fort? Wie?
"Wie am Himmel die Sonn', wird sein Nam' auch besteh'n!"
:,: Der Göthe ist unsterblich, mit ihm Ilm-Athen. :,:
Karl
von Holtei . 1798 - 1880
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