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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Auf den Tod eines Freundes

Schön wie der Mai, in reiner Jugendblüte,
Voll edlem Stolz und dennoch sanft und mild,
Ein rührend Bild von kindlich-frommer Güte,
Zugleich der frischen Mannheit kräftig Bild;
Stets froh-bereit, der Bitte nachzugeben,
Selbstständig, wo es festen Willen galt;
Vor wenig Tagen noch im vollsten Leben
Und jetzt im Sarge todesbleich und kalt.

So mußt' es sein! So hast Du nicht vergebens
In Thränenschrift Dein Inn'res mir enthüllt;
Du starbst am heißen Ueberdruß des Lebens
Und Deine Sehnsucht wurde früh erfüllt.
Du starbst, weil Du mit Deinem Dasein grolltest,
Weil Dir die Erde keine Freuden bot,
Weil Du die Jugend nicht genießen wolltest.
So kam, den Du herbeigewünscht, der Tod.

Niemals ist mir ein Sterblicher begegnet,
Der ausgestattet liebenswerth wie Du,
Mit allen Gaben Gottes reich gesegnet,
So wenig Glück gekannt, so keine Ruh';
Niemals wie Du ein Jüngling, der Betrachtung
Des Nichtigen verachtend zugewandt,
Und doch dabei so voll von wahrer Achtung
Für Alles was man schön und groß erkannt.

Dein Sinn für Wissen, Kunst, Musik und Dichtung,
Dein Feuer für der Schönheit Zaubermacht,
Sie zeigten Rettung Dir und eine Richtung,
Den Pfad zu finden aus des Grames Nacht; -
Du aber schautest nur aus Deinem Dunkel
Zu ihnen auf, wie man nach Sternen schaut,
Wohl wissend, daß zu ihrem Lichtgefunkel
Dem Sterblichen sich keine Brücke baut.

Aus ihnen sprach Dir nur des Todes Mahnung
In Wort und Klang. Du wiederholtest sie,
Sang'st sie mir oft im Schauer banger Ahnung
Sanftlächelnd vor, die düst're Melodie.
Und wie sie damals mir in's Herz gedrungen
Von Deinen Lippen mit der Wahrheit Macht,
So haben heut' die Blumen mir gesungen
Mit ihren Lippen: jetzt hat er vollbracht.

Sie duften süß und Frühlingslüfte kräuseln
Sich, wo ich wandle, wellengleich umher;
Die Blüten seufzen und die Blätter säuseln:
Er hat vollbracht, ihm duften wir nicht mehr;
Er ist erlöst; in liebeweichen Armen,
In die er wie ein schlummernd' Kind ihn nahm,
Trug ihn der Mai mit liebendem Erbarmen
Nach jenem Land' aus dem er selber kam.

Du durftest um die schöne Krone werben,
Mit der nur Mai die Seinen hold beglückt;
Im Frühling mußtest Du erblühend sterben,
Von seiner Pracht treu-brüderlich geschmückt.
Wir, die dem Herbst nicht mehr entweichen können,
Dem Winter nicht, wo wilde Stürme weh'n,
Wir wollen Dir die heil'ge Ruhe gönnen
Und weinend uns're rauhen Wege geh'n.


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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