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Gedichte
162 Bücher



Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Prolog zur Feier des dritten August 1824

(Berlin.)

Ein Sänger ging mit leichtem Schritte gestern
Zur Stadt hinaus, dem Staub' des Markts entfliehend,
Im grünen Wald, im freien Feld zu schlürfen
Die laue Sommer-Abendluft. So kam er
Wohl meilenweit von unsrer Residenz
Zu einem stillen abgeleg'nen Dörfchen,
Das von der untergeh'nden Sonne sanft bemalt
Am blauen Strome freundlich lag - und schwieg
Fast keinen Laut vernahm er in den Hütten,
Wie ausgestorben schien ihm Haus für Haus;
Da plötzlich steht er vor der heit'ren Kirche
Und auf dem Kirchhof drängt sich Jung und Alt
Gar bunt gemischt: des Dorfs Bewohner alle
Mit Blumen schmücken sie die Pforte aus,
Mit Kränzen rings behangen sind die Wände,
Gleich einem Garten prangt das Gotteshaus,
Als ob bevor ein Feiertag uns stände.
Der Sänger fragt: Was hat das zu bedeuten?
Da tritt gebückt ein alter Mann hervor,
Blickt lächelnd zu ihm mild empor
Und spricht nun sanft, bei sanftem Abendläuten:
Wir hangen treu am Königshaus',
Wir lieben den Herrn auf dem Throne;
D'rum schmücken wir jährlich das Gotteshaus,
Gab Gott doch dem König die Krone!
Kein Feiertag ist's, noch ist's ein Gesetz;
Wir haben's uns selber geboten;
Der zweite August, der findet uns stets
In der Kirche, wenn unten am rothen
Vergoldeten Himmel der Abend sich neigt,
Damit, wenn der Dritte hernieder steigt,
Der Blumenschmuck sich seinen Blicken zeigt!
Das Dorf ist klein, das Dorf ist arm,
Doch wacker sind, die es bewohnen;
Zum Kriege gebar's manchen Heldenarm:
Wir thaten die Söhne nicht schonen.
Wir kämpften für Ihn und wir beten für Ihn,
Sein Bild lebt in unserem Kreise;
Ja, rief er zur Schlacht noch uns Greise,
Wir würden fröhlich zum Sieg mit Ihm zieh'n;
Denn Sieg ist Sein Ruf und Ehr' Sein Gebot,
Und man siegt auch, stirbt man für Ihn den Tod.
Kommt Mancher wohl her und murrt und klagt,
Bekrittelt die Tage und Zeiten,
Da haben wir jenen Tadlern gesagt:
Schau' Dich um in der Länder Weiten;
Geh', nimm die Zeitung und lerne daraus:
's ist immer am Besten noch bei uns zu Haus'!
Er ist ein Held, Er ist ein Mann,
Ein ernster, würdiger König;
Man sieht Ihn nur mit Stolze an,
Ist gern wohl Ihm unterthänig;
Das Dörfchen ist arm, das Dörfchen ist klein,
Doch muß Er auch uns ein König sein.
So sprach der alte Landmann. - Und der Sänger
Von Seinem Wort bewegt in tiefster Brust,
Bezwang das innige Gefühl nicht länger,
Er goß es aus in thränenreicher Lust,
Und warf sich hin vor des Altares Stufen,
Vom König über alle Königsreih'n
Für unsern Herrscher Glück herabzurufen.
Die Dörfner alle stimmen leise ein,
Und wie die Worte in die Höhe steigen,
Leicht bebend durch des kleinen Kirchleins Lust,
Vermischen sie im seelenvollen Reigen,
Sich mit der bunten Blumen Duft. -
Der Sänger aber, eh' er scheidet, bricht
Sich einen Strauß von den geweihten Kränzen,
Zieht heim zur Stadt, und diesen Abend glänzen
Die Sterne, scheint es ihm, in hell'rem Licht.
Und als am heut'gen Morgen durch den Schleier
Der düstern Nacht der Tag lebendig dringt,
Da blüht auch ihm des hohen Festes Feier,
Das hell mit allen Glocken ihn umklingt.
Ja, hoch berauscht von brennendem Entzücken,
Ein treuer Brenne, springt er fröhlich auf
Und will mit seinem Strauß sich festlich schmücken,
Doch - sinnend - wendet er den raschen Lauf,
Und bringt ihn mir, daß ich mit würd'ger Deutung,
Ihn heute trag' als gute Vorbedeutung.
    Es ist ein Strauß von vaterländ'schen Zweigen,
Die Rose prangt darin als Königin;
Ihr schließt sich an mit ernstem Schweigen
Der trauernde sinnvolle Rosmarin.
Dann aber grünt das Laub der hohen Eichen,
Des Deutschen Lorber und sein Siegeszeichen.
Die Lilie ist eines Scepters Bild,
Und wie sie blüht, regiert der Scepter mild.
Die reichen Knospen frischer Königsblume
Bedeuten Kinder, reich an Werth und Ruhme,
Die hoffnungsvoll, wie jene, schon erblüh'n.
Auf langes Leben deutet: Wintergrün,
Die Palmenweide Frieden! Und die Bläue
Cyanen's deutet uns're feste Treue.

O wär' Er hier, daß ich zu Seinen Füßen
Die Blumen legte, laut Ihn zu begrüßen,
Ihm hoch! zu rufen, unserm theuren Herrn,
Ihr Alle stimmtet ein - doch Er ist fern!? -
Er? Fern? Den unser Lied erhebt?
Wo ist der Preuße, der den Vorwurf litte?
Nein! Er ist hier! Bei uns! Er lebt
In unsern Herzen und in uns'rer Mitte!!


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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