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Karl von Holtei
Gedichte . 4. Auflage 1856



Die besiegten Blumen

(Nach einem älteren Dichter.)

Wo ich ihn band, in unserm Garten
Versprach ich diesem bunten Strauß,
Es werd' ihn neuer Frühling warten,
Vor deines Busens Blumenhaus;
Es werd' ihn reiner Hauch behüten,
Erfrischt von deines Athems Thau! -
O halte nun den armen Blüthen,
Was ich versprochen, hohe Frau!

Zwar müßten sich die Blumen schämen,
Wie jung und blühend sie auch sind,
Den Platz vorwitzig einzunehmen,
Den sonst sich Liebe nur gewinnt.
Ich selber hab' ihn zugesaget,
Jetzt aber könnt' ich neidisch sein.
Sprecht Blumen, die ihr solches waget,
Wie kam denn euch der Hochmuth ein?

Ihr Rosen büßet dies Verlangen,
Wenn man euch einmal nur vergleicht,
Mit jenen Rosenblüh'nden Wangen,
Vor denen euer Purpur weicht.
Roth seid ihr nur; - auf jenen Kosen,
So roth als weiß, so weiß als roth.
Ach ich beklag' euch, arme Rosen,
Die Wangen künden euren Tod.

Ihr braunen, kleinen, würz'gen Nelken,
Was hat denn euch den Sinn berückt?
Müßt ihr nicht alsogleich verwelken,
Wenn sie auf euch hernieder blickt?
Ihr konntet Farb' und Balsam saugen
Im Reiche milden Tageslichts;
Doch angestrahlt von braunen Augen,
Verschwindet eure Pracht zu nichts.

Und Lilie, du weiße, reine,
Du gehst den schlimmsten Wettstreit ein;
Ihr Busen prangt im Lilienscheine,
Ihr Busen ist wie du so rein.
Sind deine glanzumwob'nen Blätter,
Schön wie sie prangen, kalt und weiß,
So ist der Sitz unzähl'ger Götter,
Ihr reiner Busen weiß und heiß.

Ihr Blumen mögt den Willen haben! -
Du Hohe trage sie nur heut,
Und morgen werden sie begraben
Dem allerschönsten Tod geweiht.
Dürft' ich mir solchen Tod erwerben,
Nach einer sel'gen Stunde Frist!
Wohl kann wie Blumen fröhlich sterben,
Wer blühend erst so glücklich ist.


  Karl von Holtei . 1798 - 1880






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