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 Anastasius Grün
 Gedichte
. 1869
 
 
 
 
 
Am Strande Auf hochgestapelte Ballen blicktDer Kaufherr mit Ergötzen;
 Ein armer Fischer daneben flickt
 Betrübt an zerriss'nen Netzen.
 
 Manch rüstig stolzbewimpelt Schiff!
 Manch morsches Wrack im Sande!
 Der Hafen hier, und dort das Riff,
 Jetzt Fluth, jetzt Ebb' am Strande.
 
 Hier Sonnenblick, Sturmwolken dort;
 Hier Schweigen, dorten Lieder,
 Und Heimkehr hier, dort Abschiedswort;
 Die Segel auf und nieder!
 
 Zwei Jungfraun sitzen am Meeresstrand;
 Die Eine weint in die Fluthen,
 Die Andre mit dem Kranz in der Hand
 Wirft Rosen in die Fluthen.
 
 Die Eine, trüber Wehmuth Bild,
 Stöhnt mit geheimem Beben:
 "O Meer, o Meer, so trüb und wild,
 "Wie gleichst du so ganz dem Leben!'
 
 Die Andre, lichter Freude Bild,
 Kost selig lächelnd daneben:
 "O Meer, o Meer, so licht und mild,
 "Wie gleichst du so ganz dem Leben!"
 
 Fortbraust das Meer und überklingt
 Das Stöhnen wie das Kosen;
 Fortwogt das Meer, und, ach, verschlingt
 Die Thränen wie die Rosen.
 
 
 Anastasius
Grün . 1806 - 1876
 
 
 
 
 
 
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