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Gedichte, Lyrik, Poesie

Gedichte
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Franz Grillparzer
Gedichte . 1872



Politische Fabeln

1.
Das Duell.

Der Hase und das Lamm im Streite,
Sie fordern sich zum Zweikampf aus.
Das Windspiel, ob geneigt gleich Einer Seite,
Soll Richter sein dem blut'gen Strauß.
Der Tag erscheint, der Hase sucht das Weite,
Das Lamm ist kaum sich seines Siegs bewußt,
Da wirft das Windspiel sich an seine Brust,
Und ruft entzückt, in Freundesarm gebettet:
"Er macht's wie ich, du bist gerettet,
Wirst nicht getödtet und ersparst das Morden,
Hier nimm von meinem Hals den eignen Löwenorden."


2.
Orientalischer Kongreß.

Der Esel und der Wolf im Streit,
Sie greifen zum Gewehr,
Da treten als Vermittler ein
Die Nachbarn rings umher,
Der Stockfisch und das Murmelthier,
Der Marder und der Fuchs,
Dem Langohr fern und nah' verwandt,
Sie bieten Hülfe flugs. -
Doch dreinzuschlagen, eh' es Noth,
Wär' eben auch zu toll;
Man zieht dem Esel ab die Haut
Und schreibt ein Protokoll. -


3.
Diplomatischer Rath.

Ein Marder fraß die Hühner gern,
Doch wußt' er nicht, wie sie erhaschen;
Er fragt den Fuchs, 'nen alten Herrn,
Dem Steifheit schon verbot das Naschen.
Der sagt ihm: Freund, der Rath ist alt,
Was hilft zu zögern, brauch' Gewalt! -
Der Marder stürmt in vollem Lauf,
Die Hühner aber flattern auf,

Die eine gackernd, kreischend jene,
Gerade in des Fuchses Zähne,
Der gegenüber lauernd lag
Und müh'los hielt den Erntetag.
Wenn du nach Hühnern lüstern bist,
Frag' Keinen, der sie selbst gern frißt.


  Franz Grillparzer . 1791 - 1872






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