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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte . 1825



Der untreue Knabe

Es war ein Knabe frech genung,
War erst aus Frankreich kommen,
Der halt' ein armes Mädel jung,
Gar oft in Arm genommen,
Und liebgekos't und liebgeherzt,
Als Bräutigam herum gescherzt,
Und endlich sie verlassen.

Das braune Mädel das erfuhr,
Vergingen ihr die Sinnen,
Sie lacht' und weint' und bet't' und schwur;
So fuhr die Seel' von hinnen.
Die Stund', da sie verschieden war,
Wird bang dem Buben, graus't sein Haar,
Es treibt ihn fort zu Pferde.

Er gab die Sporen kreuz und quer,
Und ritt auf alle Seiten,
Herüber, hinüber, hin und her,
Kann keine Ruh' erreiten,
Reit't sieben Tag' und sieben Nacht;
Es blitzt und donnert, stürmt und kracht,
Die Fluthen reißen über.

Und reit't in Blitz und Wetterschein
Gemäuerwerk entgegen.
Bind't's Pferd hauß' an, und kriecht hinein,
Und duckt sich vor dem Regen.
Und wie er tappt, und wie er fühlt,
Sich unter ihm die Erd' erwühlt;
Er stürzt wohl hundert Klafter.

Und als er sich ermannt vom Schlag,
Sieht er drei Lichtlein schleichen.
Er rafft sich auf und krabbelt nach;
Die Lichtlein ferne weichen;
Irr' führen ihn, die Quer' und Läng',
Trepp' auf, Trepp' ab, durch enge Gäng',
Verfallne, wüste Keller.

Auf einmal steht er hoch im Saal,
Sieht sitzen hundert Gäste,
Hohläugig grinsen allzumal,
Und winken ihm zum Feste.
Er sieht sein Schätzel unten an,
Mit weißen Tüchern angethan,
Die wend't sich.-


  Johann Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832






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