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Johann Wolfgang von Goethe
Gedichte . 1825



Bergschloß

Da droben auf jenem Berge
Da steht ein altes Schloß,
Wo hinter Thoren und Thüren
Sonst lauerten Ritter und Roß.

Verbrannt sind Thüren und Thore
Und überall ist es so still;
Das alte verfallne Gemäuer
Durchklettr' ich, wie ich nur will.

Hierneben lag ein Keller,
So voll von köstlichem Wein,
Nun steiget nicht mehr, mit Krügen,
Die Kellnerin heiter hinein.

Sie setzt den Gästen, im Saale,
Nicht mehr die Becher umher,
Sie füllt, zum heiligen Mahle,
Dem Pfaffen das Fläschchen nicht mehr.

Sie reicht dem lüsternen Knappen
Nicht mehr, auf dem Gange, den Trank,
Und nimmt für flüchtige Gabe
Nicht mehr den flüchtigen Dank.

Denn alle Balken und Decken,
Sie sind schon lange verbrannt,
Und Trepp' und Gang und Capelle
In Schutt und Trümmer verwandt.

Doch als mit Zither und Flasche
Nach diesen felsigen Höhn
Ich, an dem heitersten Tage,
Mein Liebchen steigen gesehn;

Da drängte sich frohes Behagen
Hervor aus verödeter Ruh':
Da ging's wie in alten Tagen
Recht feierlich wieder zu.

Als wären für stattliche Gäste
Die weitesten Räume bereit,
Als käm' ein Pärchen gegangen
Aus jener tüchtigen Zeit.

Als stünd', in seiner Capelle,
Der würdige Pfaffe schon da,
Und fragte: wollt ihr einander?
Wir aber lächelten: Ja!

Und tief bewegten Gesänge
Des Herzens innigsten Grund,
Es zeugte, statt der Menge,
Der Echo schallender Mund.

Und als sich, gegen den Abend,
Im Stillen alles verlor,
Da blickte die glühende Sonne
Zum schroffen Gipfel empor.

Und Knapp' und Kellnerin glänzen,
Als Herren, weit und breit;
Sie nimmt sich zum Kredenzen,
Und er zum Danke sich Zeit.


  Johann Wolfgang von Goethe . 1749 - 1832






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