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Gottfried August Bürger 
 
Gedichte
. 1789 
 
 
 
Des Schäfers Liebeswerbung 
Für Herrn Voß vor seiner
Hochzeit gesungen. 
 
Komm, biß mein Liebchen, biß mein Weib! 
Und fodre Lust und Zeitvertreib, 
So oft und viel dein Herz begehrt, 
Und Garten, Flur, und Hain gewährt. 
 
Bald wollen wir von freyen Höhn 
Rund um die Herden weiden sehn, 
Und sehn der Lämmer Fröhlichkeit, 
Und junger Stiere Hörnerstreit; 
 
Bald hören, durch den Birkenhain, 
Das Tutti froher Vögelein, 
Und, an des Bächleins Murmelfall, 
Das Solo einer Nachtigall. 
 
Bald rudern auf bekränztem Kahn, 
Den See hinab, den See hinan; 
Bald Fischgen angeln aus der Fluth, 
Bald locken junge Vögelbrut; 
 
Bald athmen auf der Mayenflur 
Den Balsam blühender Natur; 
Bald, um die dünnbebuschten Höhn, 
Nach Erd- und Heidelbeeren gehn. 
 
Ein Blumengurt, ein Myrthenhuth 
Kühlt Liebchen vor des Sommers Gluth. 
Ist Liebchen müde, bett' ich's gleich 
Auf Moos und Thymiänchen weich. 
 
Ein Wamms, verbrämt mit Schwanenfell, 
Mit Knöpfen von Krystallen hell, 
Ein Röckchen weiß, aus zarter Woll', 
Aus Lämchenwoll' es tragen soll. 
 
Und hüpfen soll's in Saffian, 
Mit goldnen Spänglein auf dem Spann, 
Und weissen Strümpfchen, fein gestrickt, 
Mit Blumenzwickeln ausgeschmückt. 
 
Im Maymond tanzt ein Schäferchor 
Dir hundert frohe Reigen vor. 
Behagt dir dieser Zeitvertreib, 
So biß mein Liebchen, biß mein Weib! 
 
Ich sing' und blas' auf meinem Rohr 
Dir täglich Lust und Liebe vor. 
Ist das für Liebchen Zeitvertreib, 
So biß mein Liebchen, biß mein Weib!
 
 
 
 
Gottfried
August Bürger . 1747 - 1794 
 
 
  
 
 
 
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