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Gottfried August Bürger 
 
Gedichte
. 1789 
 
 
 
An die Nymphe des Regenborns 
Neig' aus deines Vaters Halle, 
Felsentochter, mir dein Ohr! 
Hell im Schimmer der Krystalle, 
Hell im Silberschleyer, walle, 
Reine Nymphe, wall' hervor! 
 
Libern jauchzet die Mänade 
Huldigung bey Cymbelklang. 
Dir nur, glänzende Najade, 
Deiner Urne, deinem Bade 
Weyhte keiner Hochgesang? - 
 
Wohl, ich weyh' ihn! Wo der Zecher, 
Der des Preises spotten soll? 
Ha! Wo ist er? Ich bin Rächer! 
Fleuch! Mein Bogen tönt! Mein Köcher 
Rasselt goldner Pfeile voll! 
 
Hier, wie aus der Traube, quillet, 
Geist und Leben, frisch und rein, 
Leben, das den Hirten füllet, 
Das den Durst der Heerde stillet, 
Welches Wiese tränkt und Hain. 
 
Horch! Es rauscht im Felsenhaine, 
Woget auf der Wies' entlang, 
Leckt im Widder auf dem Raine, 
Schauert durch das Mark der Beine, 
Kühlt des Wandrers heißen Gang. 
 
Saugt aus Wein der Klee sein Leben, 
Wohlgeruch und Honigsaft? - 
Kraut und Blumen, selbst die Reben 
Danken dir, o Nais, Leben, 
Würze, Süßigkeit und Kraft. 
 
Lebensfülle, Kraft und Streben 
Trank auch ich schon oft bey dir. 
Drob sey auch von nun an Leben 
Und Unsterblichkeit gegeben 
Deinem Nahmen für und für!
 
 
 
 
Gottfried
August Bürger . 1747 - 1794 
 
 
  
 
 
 
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