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Gottfried August Bürger 
 
Gedichte
. 1789 
 
 
 
An den Traumgott 
Du Schwärmer um die Ruhebetten 
Von Moos und Flaum, 
O Brüderchen der Amoretten, 
Geliebter Traum! 
Wo fandest du, sie nachzubilden, 
Den Stoff so fein? - 
In überirdischen Gefilden 
Gewiß allein! 
 
Zu freundlich nur für Adelinen 
War dieß ihr Bild. 
Wann wäre sie mir selbst erschienen 
So sanft, so mild? - 
Verkündigst du wohl noch mir Armen 
Barmherzigkeit? - 
Nein! Nein! sie fühlet kein Erbarmen 
In Ewigkeit! 
 
O Traumgott, ist es ja dein Wille, 
Mir wohlzuthun, 
So wandle deine schöne Hülle, 
Und kleide nun 
Dich in ein Wesen, wie das Meine. 
Von Gram verzehrt, 
Und wie ein Leidender erscheine, 
Der Trost begehrt. 
 
Den Schatten laß mein Bildniß gleichen, 
Die still bey Nacht 
Durch Hallen und um Gräber schleichen. 
In Trauertracht, 
Mit hagrer Wang' und einer Miene, 
Die Gnade fleht, 
Tritt hin zu dieser Adeline, 
Die mich verschmäht; 
 
Und neige dich mit leisen Tönen 
Bis an ihr Ohr; 
Zähl' ihr die Seufzer und die Thränen 
Die Liebe vor; 
Und bring' in Aufruhr ihr Gewissen! 
Ihr Schlaf entflieh! 
Und schluchzend unter Zährengüssen 
Erwache sie!
 
 
 
 
Gottfried
August Bürger . 1747 - 1794 
 
 
  
 
 
 
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