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Georg Trakl
Sebastian
im Traum . 1. Auflage 1915
Tief
ist der Schlummer in dunklen Giften, erfüllt von Sternen und dem
weißen Antlitz der Mutter, dem steinernen. Bitter ist der Tod, die Kost
der Schuldbeladenen; in dem braunen Geäst des Stamms zerfielen grinsend
die irdenen Gesichter. Aber leise sang jener im grünen Schatten des
Hollunders, da er aus bösen Träumen erwachte; süßer
Gespiele nahte ihm ein rosiger Engel, daß er, ein sanftes Wild, zur Nacht
hinschlummerte; und er sah das Sternenantlitz der Reinheit. Golden sanken die
Sonnenblumen über den Zaun des Gartens, da es Sommer ward. O, der
Fleiß der Bienen und das grüne Laub des Nußbaums; die
vorüberziehenden Gewitter. Silbern blühte der Mohn auch, trug in
grüner Kapsel unsere nächtigen Sternenträume. O, wie stille war
das Haus, als der Vater ins Dunkel hinging. Purpurn reifte die Frucht am Baum
und der Gärtner rührte die harten Hände; o die härenen
Zeichen in strahlender Sonne. Aber stille trat am Abend der Schatten des Toten
in den trauernden Kreis der Seinen und es klang kristallen sein Schritt
über die grünende Wiese vorm Wald. Schweigende versammelten sich jene
am Tisch; Sterbende brachen sie mit wächsernen Händen das Brot, das
blutende. Weh der steinernen Augen der Schwester, da beim Mahle ihr Wahnsinn
auf die nächtige Stirne des Bruders trat, der Mutter unter leidenden
Händen das Brot zu Stein ward. O der Verwesten, da sie mit silbernen
Zungen die Hölle schwiegen. Also erloschen die Lampen im kühlen
Gemach und aus purpurnen Masken sahen schweigend sich die leidenden Menschen
an. Die Nacht lang rauschte ein Regen und erquickte die Flur. In dorniger
Wildnis folgte der Dunkle den vergilbten Pfaden im Korn, dem Lied der Lerche
und der sanften Stille des grünen Gezweigs, daß er Frieden
fände. O, ihr Dörfer und moosigen Stufen, glühender Anblick.
Aber beinern schwanken die Schritte über schlafende Schlangen am Waldsaum
und das Ohr folgt immer dem rasenden Schrei des Geiers. Steinige Öde fand
er am Abend, Geleite eines Toten in das dunkle Haus des Vaters. Purpurne Wolke
umwölkte sein Haupt, daß er schweigend über sein eigenes Blut
und Bildnis herfiel, ein mondenes Antlitz; steinern ins Leere hinsank, da in
zerbrochenem Spiegel, ein sterbender Jüngling, die Schwester erschien; die
Nacht das verfluchte Geschlecht
verschlang.
Georg
Trakl . 1887 - 1914
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