Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Im Weltgesang
162 Bücher



Leo Sternberg
Im Weltgesang . 1. Auflage 1916



Gespräch mit dem Sturm

Der Nachtwind reitet um das Haus.
Aus den Kissen fährt mein Kopf heraus:
Rast das wilde Heer um die Mauern herum?
Teufel, das war, als fielen sie um!
- Dann ferner und ferner Brummen und Braus ...

Ich denke nicht, daß mir was droht;
ich denke nur: Was hat er für eine Not!
Jetzt wirft er vielleicht auf dem Ozean drauß
einen Walfisch aus dem Meer heraus
oder ein Boot,
und an der Küste sind Kinder und Fraun ohne Brot ...

Jetzt rast er wieder landein.
O weh, meine Scheiben! Da liegen sie kurz und klein!
Herrgott, war das ein Schlag!
Ob es meinen Lieben in der Ferne gut gehen mag?
Muß man sich auch so ferne sein!

Vielleicht ist er nur hier oben so schrill
- das wilde Bergnest ist kein Idyll -
und drunten im Tale bewegt sich kaum
auf der Hühnerstange der kleine Flaum!
- - - Gebrüll!

Oder leidest du Schmerzen, daß du so jagst,
brüllst und heulst und gottserbärmlich klagst?
Vielleicht war die Welt einmal dir,
und willst sie nun zerstören dafür - -
Aber du rennst dich tot, wenn du's wagst.

Und wenn du auch eine Eiche gefällt,
das Haus oder mich - wir sind nicht die Welt.
Siehe, ich liege ruhig da
und sage zu allem Amen und Ja.
Die Welt hält!

Oder ist es Liebe, und du bist voll Groll,
weil deine Sehnsucht nicht weiß, wo sie hin soll;
schlägst dich weh,
willst durch die Felsen hindurch, willst unter die See
hinunter, ans Herz der Erde, selbstvernichtungstoll?

Rasender! Bergstürze plumpen donnernd in den Ozean,
ein Wasserberg gischt auf, ein Seevulkan.
Sieh doch: ich habe auch jemand lieb
und presse mich nicht mehr in sie: Gib, gib, gib!
Wenn wir stumm nebenandergehen, legt Seele an Seele sich an.

Still einmal!
Hörst du, wie's aus der Erde sich heraushebt überall?
Blumen wie tausend Kerzen,
die strömenden Wasser, die Stimmen der Vögel, die Herzen
der Tiefe, die Feuer der Hütten im Tal?

Alles mündet in dich ...
Säusle, säusle - und auch ich
lasse mich von dir durchdringen,
wenn deine klingenden Morgenschwingen
weltbreit wehen über mich.


  Leo Sternberg . 1876 - 1937






Gedicht: Gespräch mit dem Sturm

Expressionisten
Dichter abc


Sternberg
Leyer, Wanderstab ...
Im Weltgesang

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Gespräch mit dem Sturm, Leo Sternberg