Segelfalter

Hoch überm Passe blüht ein Pflaumenbaum.

Darinnen träumten ihren Jugend-Traum
Vier Segelfalter, die am frühen Tag
Das Leben küßten, als der Tau noch lag.

Flaumig und morgenfrisch und kinderhold,
Das Flügelhemd gewirkt aus zartem Gold,
So schwebten sie, von luft'ger Hand gewogen,
Schmausend und saugend durch die Blumenwogen.

- Fürwahr! das nenn' ich eine gold'ne Jugend!

Von jedem Kelch erprobten sie die Tugend,
Steigend von Stock zu Stock, von Ast zu Ast.

Unter der mächt'gen Schwingen edler Last,
Wenn sie sich setzen auf die Blütenranken,
Sieht man die Liliensträuße weh'n und wanken;
Und tief hernieder aus den busch'gen Kränzen
Hangen sie taumelnd mit den Schwalbenschwänzen.

Jetzt atmet tief vor Glück und seufzt der Baum.

Da wogt und brandet es im Blütenschaum.
Und schnellen Stoßens von den duft'gen Glocken
Federn die Vögel mit den prallen Socken.
Dann sammeln sie das zitternde Gefieder,
Lustschämen sich und kehren lächelnd wieder.


  Carl Spitteler . 1845 - 1924

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