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Neue Garben
162 Bücher



Hugo Salus
Neue Garben . 1. Auflage 1904



Angelika

Dein Name, hold wie Engelharfenklang,
Angelika, entschlief mit meinen Lippen.
Angelika! Ich weiß, sie lächelten
Noch, da im Schlummer schon mein Sehnen schmolz,
Weil deines Namens Süße sie ergötzte.
Und so erschienst du mir im Traum, ein Engel,
Und führtest mich zum Saal des Tods und Lebens.
Viel hunderttausend Ampeln strahlten da
Mit mildem Licht, wie Sternlein in der Nacht,
Und glühten auf und lohten jäh und glommen,
Und zwischen ihnen schrittst du hin und gossest
Aus deinem Krüglein Öl auf Darbende
Und hieltest schützend vor ein Flackerflämmlein
Die weiße, schmale Hand - an der mein Ring
So selig glitzern sollt'! - und fachtest an,
Ach, fachtest an mit Blicken, warm von Liebe.
Doch löschtest du auch Flämmchen aus; und emsig
Auf spitzen Zehen schwebtest du einher,
Der Lampen waltend. "Wo ist meine Ampel,
Angelika?" Du sahst mich wortlos an.
"Ist's dieses arme Lichtlein, das erlischt?
Ist's diese helle, stolze Leuchte hier?
Sag, welches ist mein Licht?" Doch schweigend
Bewegtest du die sanften, schönen Locken
Und deine Augen waren tief, wie Rätsel,
Und waren traurig, wie ein Sommerabend,
Durch den ein Liebender sein Seufzen sendet.
Da stöhnt' ich auf: "Gieß Öl auf meine Ampel!
Angelika, ich fühl's, mein Lämpchen darbt!
Weh, daß du's selbst nicht fühlst, Angelika!"
Du aber sahst mich an mit fremdem Blick
Und schwebtest hier und irrtest dort und zagtest,
Als kenntest du mein Flämmchen nicht, und traurig
Sahst du mich wieder an und reichtest mir
Dann müd' dein Krüglein hin. "Angelika,
Was soll der Traum? Wo ist mein Lämpchen? Sprich!"
Und in die Nacht starr' ich mit leeren Blicken ...


  Hugo Salus . 1866 - 1929






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