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Anna Ritter
Gedichte
. 1. Auflage 1898
Vor dem Winter
Geliebte Spuren such' ich
Im falben Laub -
Ach, Alles Staub,
Verwaist und leer,
Die kahlen Zweige thränenschwer,
Und drüber der Himmel so grau, so grau...
"Was rufst du die Todten, weinende Frau?"
Nur ein Traum verglühter Tage
Schimmert durch die blasse Luft,
Eine einst geliebte Stimme
Hebt sich flüsternd aus der Gruft,
Ein Erinnern sel'ger Stunden
Schaut mich an mit stillem Blick,
Und in sonnenlosen Gründen
Weint ein früh gestorb'nes Glück.
Der Frost wird kommen,
Der Nordsturm weh'n
Und auch das Letzte
Zu Grabe geh'n.
O über die bange, bange Zeit,
Wenn dann die Seele der Einsamkeit,
Erinn'rung und Sehnsucht, die Flügel hebt
Und müden Fluges von dannen schwebt.
Anna
Ritter . 1865 - 1921
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