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Anna Ritter
Gedichte
. 1. Auflage 1898
Ich aber denke...
Sie sagen mir, du sei'st geborgen nun
Vor allem Leid, ein friedevolles Ruh'n,
Ein Sonnentraum sei über dich gekommen,
Seit dir der Tod die Bürde abgenommen,
Die Leben heißt. Du führtest, sagen sie,
Ein neues Dasein voller Harmonie,
Du wandeltest in wunderbaren Hallen,
Darin die Lieder der Erlösten schallen.
So sagen sie, und ach, viel Schön'res noch.
Ich aber denke heimlich, heimlich doch,
Daß aller Glanz, der jene Wände deckt,
Dir nicht die Erde und dein Weib versteckt,
Dein Weib, das draußen steht! Mit ihrem Trauern
Die Hallen füllt und an die ew'gen Mauern,
Die zwischen Tod und Leben sind gethürmt,
Mit dem Verzweiflungsmuth der Sehnsucht stürmt.
Anna
Ritter . 1865 - 1921
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