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Anna Ritter
Gedichte
. 1. Auflage 1898
Erstorben
Da ich an deinem Halse hing,
An dein Gesicht das meine drängte,
Dein Athem sich mit meinem mengte
Und schmerzhaft mich dein Arm umfing,
Da Mund auf Mund, und Brust an Brust
Wir mit dem eignen Blut gerungen
Und endlich uns den Sieg errungen,
War höchste Qual auch höchste Lust.
Doch nun, da jener Stunde Noth
Und Lust verrauscht, erstickt das Sehnen,
Da endlos sich die Tage dehnen,
Nun ist mir oft, als wär ich todt.
Nur wenn dein Schatten mich umschwebt,
Kann ich mich mühsam drauf besinnen,
Daß statt des starren Steins da drinnen
Einst sonnenfroh ein Herz gelebt.
Anna
Ritter . 1865 - 1921
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