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Gedichte, Lyrik, Poesie

Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Nun schleicht...

Nun schleicht, nach der ich nie gedürstet,
Sich tückisch die Saison heran;
Ach, draußen wird mein Frack gebürstet,
Will's Gott, war auch ein Möttchen dran.
Jetzt heißt's, die Westen auszuklügeln
Nach strenger Mode letztem Spruch;
Und flinke Schneiderhände bügeln
Der Smokinghose kühn den Bruch.

Des Sommers Freiheit ist vergessen,
Der Winter treibt's mit alter List,
Und jeden Abend muß ich essen,
Was mir noch nie bekommen ist;
Und jede Nacht blinkt mir im Glase
Dieselbe Nässe goldig-dreist,
Die Meyer aus der Krausenstraße
Leichtgläubig einen Rheinwein heißt.

Und zwischen Austern und Fasanen
Erklärt Frau Schulze tiefbewegt,
Daß sich in gänzlich falschen Bahnen
Schon wieder mal die Kunst bewegt.
Und Nettchen Müller schilt, daß Klinger
Ihr nicht genug das Herz erhebt;
Frau Fips meint, daß die Meistersinger
Sich doch schon ziemlich überlebt.

Der Herr Major, als rauher Mahner,
Spricht ernst von Rußland, das er liebt,
Und wie die Taktik der Japaner
Der Menschheit doch zu denken gibt;
Die gute Rätin unterdessen
Erläutert äußerst interessant,
Warum ihr Mann im Moor gesessen
Und wie sein Podagra verschwand.

Die Duse kommt in alten Rollen,
Die Duncan zeigt ihr nacktes Bein,
Die Sarah, wenn's die Götter wollen,
Wird auch nicht zu vermeiden sein.
Und hinter greller Zirkuspforte
Gibt unsrer Bildung letzten Schliff
Der Ringer muskelstarke Horde
Mit Nelson- und mit Untergriff.

Schon seh' ich tanzerhitzte Backen,
Seh' junge Köpfchen huldgeneigt,
Seh' runde Schultern, ros'ge Nacken,
Und ein Zigeunerprimas geigt.
Das wogt und brandet! Und zerschellen
Wird hier manch heimlich Herzensglück -
"Des Meeres und der Liebe Wellen"
Ist gar ein schön Theaterstück.

Ich will mich in den Strudel werfen,
Da nirgends eine Rettung blüht.
Gott schenk mir gute Magennerven
Und ein geduldiges Gemüt.
Und soll mir nächstens in Gefahr sein,
Vom Klatsch bedroht, die Seelenruh',
So laß die nettsten Sachen wahr sein
Und - schließ mir fest die Ohren zu!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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