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Gedichte, Lyrik, Poesie

Spuren im Sande
162 Bücher



Rudolf Presber
Spuren im Sande . 1. Auflage 1906



Die Teure

Sie saßen im Café Bauer,
So steif wie Bilder von Gips,
Die Frau in tiefer Trauer,
Der Mann in buntem Schlips.

Sie wischte sich von der Nase
Die Tränen wie im Traum;
Er blies vom Pilsner Glase
Bedächtig den weißen Schaum.

"Ich kann mich nicht gewöhnen,"
Haucht sie, "daß dies geschehn."
"Wir kamen von Stallupönen,"
Sagt er, "sie noch zu sehn."

"Ach, daß die Welt verkannte,"
Klagt sie, "ihr Herz so klar!"
"Das kam halt, weil die Tante,"
Sagt er, "so eigen war."

Und sie: "In ihrer Jugend
War sie gar viel begehrt."
"Ihr Alter war durch Tugend,"
Lobt er, "von hohem Wert."

"Was wir besessen haben,"
Seufzt sie, "wir wissen's nun."
"Wir mußten sie begraben,"
Nickt er, "was sollten wir tun?"

"Sie hat sich seit einigen Wochen,"
Meint sie, "nicht mehr geschminkt."
"Der Pfarrer hat sich versprochen,"
Grollt er, "mir scheint, er trinkt."

"Das letzte, was sie gestammelt,"
Weint sie, "war: Ihr Heiligen helft!"
"Sie hat Porzellan gesammelt,"
Nickt er, "von Meißen und Delft."

"Wie friedlich, wenn ich denke,"
Schluchzt sie, "war ihr Gesicht."
"So schöne alte Schränke,"
Meint er, "hat mancher nicht."

"Ob sie die letzte Nacht hat,"
Meint sie, "nach uns gefragt?"
"Ob sie uns was vermacht hat,"
Sinnt er, "wie sie gesagt?"

"Nun liegt, was weltlich und zeitlich,"
Seufzt sie, "weit hinter ihr."
"Zuletzt war sie unleidlich,"
Nickt er und bläst ins Bier.

"Wie schnell doch alles zu End' ist,"
Meint sie, "was freut und frommt."
Und er: "Das Hauptmoment ist,
Daß sie nicht wiederkommt!"


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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