Im alten Buch

Blätternd in dem jüngst erworbnen
Buche, drin mit kecken Zügen
Stand der Name des Verstorbnen,
Fand ich welke Blumen liegen.

Ihre Blätter farbig sprühten,
Heißen Duft die Kelche bargen,
Als sich junge Hände mühten,
Sie im Buche einzusargen.

Sollten noch in Jahren schenken
Einen Duft aus Sommertagen,
Sel'ger Stunden still Gedenken
Durch des Lieblings Lieder tragen ...

Arm an Duft und längst verblichen
Knistern heute die Zerstückten;
Und das Leben ist gewichen
Aus den Händen, die sie pflückten.

Kinder toter Sommerzeiten,
Kleine Opfer des Vernichters,
Eure letzten Spuren gleiten
Durch die Hände eines Dichters.

Könntet ihr mir Antwort künden
Doch auf eine bange Frage:
Wer wird einst in Büchern finden
Spuren meiner Sommertage?...


  Rudolf Presber . 1868 - 1935

Expressionisten
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