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Media in vita
162 Bücher



Rudolf Presber
Media in vita . 1. Auflage 1902



Ich ging durchs Feld -

Ich ging durchs Feld. Die Schwalben flogen tief,
Und Wolkenboote segelten im Westen
Vor nahem Sturm. Durch grüne Wipfel lief
Ein leises Schauern, zittert' in den Ästen
Und warf der schlanken Bäume Schattengruß
Als bebend Bild mir vor den eil'gen Fuß.

Verstummt ist längst der Vögel Wettgesang.
Leis' zirpen nur die Heimchen aus den Gruben.
Mürrisch und schweigend zieht den Weg entlang
Ein armes Häuflein von zerlumpten Buben.
Ein Windstoß warf den Drachen ins Geäst
Und riß in Fetzen seine farbigen Bogen;
Nun ziehn sie heim von ihrem Sommerfest,
Enttäuscht und um ihr Kinderglück betrogen.

Dort in den Feldern wandeln hochgeschürzt
Die drallen Mägde, die die Sichel schwingen,
Vor der das Korn in goldnen Wellen stürzt.
Ich hör' den Ton zu mir herüberklingen,
Den scharfen Ton, der Korn und Blumen rafft
Und in den Staub die bunte Beute breitet,
Stark, kurz und schrill, wie eine Leidenschaft
Ein still erblühtes Sonnenglück zerschneidet...

Der Mädchen eines reckt sich auf und steht;
Mit braunen Händen schützt sie Aug' und Stirne;
Ihr rotes Kopftuch um die Backen weht,
Und lachend grüßt sie mich, die dralle Dirne.
Ihr farbig Bild auf grellem Grunde schwimmt
Des goldnen Abendhimmels. Und im Sinnen
Grüßt einer, der vom Sommer Abschied nimmt,
Freundlich hinüber zu den Schnitterinnen...

Verblüht die Rosen längst an Hag und Hang -
Verweht der Duft, den ich, wie gern! gesogen -
Die kleinen Meisen aus dem Nest geflogen,
Die mir gezirpt auf manchem Abendgang -
Das Heu liegt grau auf den versengten Fluren -
Ein Falter schwankt im Winde liebesmatt -
Und in verstaubten, tiefen Räderspuren
Keucht vor mir müd' ein letzt Gespann zur Stadt...

Fern aber drängt sich durch die grünen Bäume
Grellweiß herüberschimmernd ein Portal.
In jenem Garten ruhen unsre Träume,
Und unsre Wünsche schlummern dort einmal!
Und mag der Sturm durch jene Wipfel heulen,
Er weckt uns nicht, uns weckt kein Sonnenschein.
Das Leben bricht sich an den hohen Säulen,
Und seine Fluten dringen nicht herein.
Dort liegt das Ziel der weitsten Wanderstrecken,
Dort ruht sich müd' der kühnste Kämpfer aus;
Und hinter jenen abgeblühten Hecken
Und weißen Mauern ist das Glück zu Haus!

Und jetzt ... mir ist's, als trät' in matten Farben
Der Dämm'rung, aus verträumter Gartenruh',
Ein Mann und schritte langsam durch die Garben
Den ungeschnitt'nen, gold'nen Feldern zu.
Fürwahr, so ist's. Mit schleppend müdem Gang,
Die Hände leicht wie segnend ausgebreitet,
Das Haupt verhüllt und tiefgeneigt - so schreitet
Er in den Abend manches Feld entlang.
Und welkend sinken, wo sein Schatten bebt,
Ins müde Land die Blumen blau und rot,
Und durch die segenschweren Halme schwebt
            Schweigend der Tod.


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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