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Gedichte, Lyrik, Poesie

Media in vita
162 Bücher



Rudolf Presber
Media in vita . 1. Auflage 1902



Drei Poeten

Drei Dichter saßen zusammen
Beim Roten im "Silbernen Floh"
Und sprachen von Liederflammen
Und ihrem Genio.

Der eine mit blassem Gesichte
Wie herbstlicher Mondenschein,
Sprach: "Freunde, wenn ich dichte,
Muß tiefe Stille sein.

Im Zimmer riecht's sanft nach Lavendel,
Sanft und erinnerungsvoll;
Meine Schwester spielt nebenan Händel
Sonaten in A-moll.

Die Bilder an den Wänden,
Die lächeln vergangenes Weh,
Ans Fenster mit leisen Händen
Wirft der Winter den Schnee.

In Dämmer versinkt mir das Heute,
Mein Herz ist still und allein,
Nur fernes Schlittengeläute
Tönt aus der Welt herein.

Dann ruht mein Sehnen und Wähnen,
Die Pulse stocken schier,
Dann wein' ich Liedertränen
Auf das mattblaue Papier!"

Der zweite, die Hand in der Weste,
Das Bäuchlein spitz und feist,
Sprach: "Mir gelingt das Beste
Nur, wenn ich gut gespeist.

Die Wachteln, die nicht zu fetten,
Die Spargeln mit Köpfchen wie Gold
Und dann besonders Crevetten
Sind meiner Muse hold.

Ich neige zu sinn'ger Beschauung
Von Welt und Menschenqual
Nur im Stadium ernster Verdauung
Nach wohlbereitetem Mahl.

Ein Lied mit Spitzen und Schärfen,
Bei mir steigt's vollends nur
Aus tätiger Magennerven
Empfindsamer Klaviatur.

Doch sollen Geistergrüße
Mich wundervoll umwehn,
Dann müssen meine Füße
Im lauwarmen Fußbad stehn."

Da hob sein Glas der dritte
(Ich fürcht', er war berauscht):
"Ich hab' nicht Art noch Sitte
Meiner heiligsten Stunde belauscht.

Ich warf in meine Lieder
Ein bißchen Sonnenschein
Und Blumen von manchem Mieder
Und all meine Sehnsucht hinein.

Und was ich lach' und singe,
Das trag' ich nicht nach Haus';
Das fliegt wie Schmetterlinge
Nach fernen Blumen aus.

Die Liebe, die ich hege
Und keck in Lieder goß,
Zum Spielmannskind am Wege,
Zur Edelfrau im Schloß,

Die sprengt halt ihre Ketten
Und blüht so wundervoll
Und fragt nichts nach Crevetten,
Lavendel und A-moll!"

So sprach er mit weinbetauten
Lippen und ging davon ...
Die andern beiden schauten
Ihm nach, dem verlornen Sohn.

Sie sprachen gelehrt und endlos,
Und sie bedauerten ihn;
Er war ja nicht ganz talentlos,
Doch ohne Disziplin!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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