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 Rudolf Presber
 Und
all' die Kränze ... . 1. Auflage 1911
 
 
 
 
 
Abend bei Klothilde Draußen bläst der Wind in den SchneeFlatterndes Flockengestiebe -
 Klothilde schenkt Karawanentee
 Und spricht von unserer Liebe.
 
 Du liebtest viel in der Welt herum
 Und was - daß Gott erbarme!
 Und hattest Mädel blond und dumm
 Besonders gern im Arme.
 
 Das Mieder voll, das Köpfchen hohl,
 Im Hause die Hand am Besen,
 Die letzte - na, hör mal - ist ja wohl
 Gar irgendwo Stütze gewesen.
 
 Nun hast du die Torheit abgestreift
 Und weißt dich zu konzentrieren;
 Du liebst, was geistig und sittlich gereift
 Und von ästhet'schen Manieren.
 
 Nun liebst du tief und innerlich
 Und was dir das Sehfeld erweitert -
 Du liebst mit einem Worte mich
 Und hast dich seelisch geläutert.
 
 Dein animalisches Liebespläsier,
 Dein Traum verbummelter Lenze,
 War nur ein taumelndes Irren nach mir,
 Die ich dich harmonisch ergänze.
 
 Ich suche der Dinge tiefsten Kern
 In reiner Gedanken Kühlung,
 Ich bin bis tief auf die Knochen modern
 Und steh' mit den Besten in Fühlung.
 
 Ich teilt' Ellen Key mich brieflich mit
 Und schwärmte mit Nietzsche titanisch,
 Ich hörte den Faust bei Erich Schmidt
 Und malte bei Orlik japanisch.
 
 Ich las die Weden so nebenbei,
 Sanskrit kommt wieder in Mode;
 Und lernte bei Strakosch den Wolterschrei
 Noch kurz vor seinem Tode.
 
 Ich übe Solfeggien am frühen Tag
 Und münze mein Gold in der Kehle
 Und schreibe jetzt für den modernsten Verlag
 "Aus Urabgründen der Seele."
 
 Aus diesen Versen sollst du jetzt
 Das Allerheiligste wissen ...
 Sie sprach's und hat sich zurecht gesetzt
 In sieben Libertykissen.
 
 Sie griff nach Blättern und las und las
 Und tat sich sehr erregen -
 Ich aber träumte und vergaß,
 Wie, wo, warum und weswegen.
 
 Und ihrer hohen Gedanken Zier
 Und ihre empörten Gefühle,
 Das alles kam nicht anders zu mir,
 Wie das Klappern aus einer Mühle.
 
 Ich sah einen Garten, ein Läubchen darin,
 Rings glühten die Königskerzen,
 Da lag ein Mädel mit Kindersinn
 An meinem lachenden Herzen.
 
 Und legt' mir einen Kranz um den Hut,
 Den tät' der Wind zerstreuen,
 Und sagt mir leise "ich bin dir gut
 Und harr' auf dich in Treuen".
 
 Hat lange wartend auf mich gewacht
 Und konnte kaum schreiben und lesen,
 Hat niemals ein Gedicht gemacht,
 Aber ist eins gewesen.
 
 
 Rudolf
Presber . 1868 - 1935
 
 
 
 
 
 
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