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Gedichte, Lyrik, Poesie

Dreiklang
162 Bücher



Rudolf Presber
Dreiklang . 1. Auflage 1904



Hochzeit

Denkt euch, hei, mit flotten Schimmeln,
Hinten zwei betreßten Lümmeln,
Auf dem Bock ein feister Mohr,
Fuhr ein guter König vor.
Neben ihm ein süßes Weibchen,
Perlchen und Gestein am Leibchen;
Mitten auf dem Busen saß
Rötlich, eigroß, ein Topas,
Der von der Rubinen Schar
Mattblau übergossen war.
Und auf roten Sammetbäckchen
Kleine runde Schönheitsfleckchen.
Krönchen in den blonden Locken
Wippt ganz leise und erschrocken,
Grad' als wollt' es hier nicht stören,
Wo nur Rosen hingehören.

Und so kommt das mit Gesause,
Himmel - hält vor meinem Hause!
Und der Neger - Chapeau bas -
Reißt den Schlag schon auf - Na, na,
Will's zu mir? Es ist zum Schreien!
Pfeilschnell eilen die Lakaien
Über'n Damm mit weh'nden Schößen -
Dröhnend unter ihren Stößen
Und mit mächtigem Geschnauf
Fährt mein altes Hoftor auf.

Und die Nachbarn, Männer, Frau'n
Drängeln sich am Gartenzaun,
Staunen König, Mohr und Gaul
An mit aufgerissnem Maul;
Und in dieses Prunks Betrachtung
Steig' ich sehr in ihrer Achtung.
"Deubel", Kunz, der Maurer, flucht,
"Wenn ein König ihn besucht,
Ist am Ende an dem Mann,
Recht besehen, doch was dran!"

Meine Köchin, die Kathrine,
Glotzt mit ganz verdutzter Miene,
Als ob sie in nächster Näh'
Eine Kuh mit Flügeln säh'.
Plötzlich aber treu und bieder
Kennt sie ihre Pflichten wieder.
Und den König auf der Schwelle
Hält sie auf mit Blitzesschnelle;
Und sie ruft - die Diener stutzen -
"Bitte, Schuhe abzuputzen!"

Ich - ich weiß nicht, wie's gekommen,
Und wo ich den Mut genommen,
Daß ich's in der Ordnung finde,
Wenn mit einem holden Kinde
Eines Königs Majestät
Schnaufend meine Treppe geht.
Und ich stell' mich also nur
Selbstbewußt in Positur.
Und der König reicht zum Kusse
Mir die Hand. Bei dem Genusse
Denk' ich, ob das Töchterlein
Möchte auch so gnädig sein?
Doch der König winkt. Der Mohr
Schiebt ihm einen Sessel vor.
Meinen Schreibtischsessel hol' ich
Für das Fräulein, das sich wohlig,
Wie von Müdigkeit besiegt,
In die weichen Kissen schmiegt.
Minchen, Trinchen und Mathilde,
Die ihr eurer Kunst Gebilde
Einst zur Weihnacht mir beschert,
Ahnt ihr wohl, wer sie beschwert?

Und der König spricht: "Die kleine
Königliche Hoheit, meine
Vielgeliebte Tochter liest,
Was Euch aus der Feder fließt.
Eurer Lieder Goldschnittbände
Kamen auch in ihre Hände.
Zweie hab' ich selbst besorgt
Und den dritten ausgeborgt;
Denn das ew'ge Bücherkaufen
Geld braucht's, um davon zu laufen!
Die Prinzessin von Kastilien
Liest seit lange in Familien
Jedem will'gen Lauscherohr
Eure kecke Lyrik vor.
Die Prinzessin Santa Cruz
(Sie war nie was Rechtes nutz)
Kauft, wie ich verläßlich hör',
Eure Locken vom Friseur.
Was soll nun mein Töchterlein
Heut' so viel vernünftiger sein?
Jene färben schon die Haare,
Sie ward gestern siebzehn Jahre,
Und da möcht's zur Liebe Zeit sein;
Kurz - sie will von Euch gefreit sein!"

Eh' ich noch das Wort begriffen,
Hat der feiste Mohr gepfiffen,
Und ein Knab' und noch ein Knabe
Kommt mit holder Morgengabe:
Perlen, Spenzer für das Rümpfchen,
Ohrgehäng' und seid'ne Strümpfchen,
Gold'ne Schalen, seid'ne Bänder
Und in einem Moraständer,
Lächelnd königlich und mild,
Meines Schwiegervaters Bild.
Fächer aus dem Schwanz der Pfauen,
Stickereien ind'scher Frauen,
Diamantbesetzte Kettchen
Und zuletzt - ein Himmelbettchen,
Schwellend wie das Paradies
Und mit Daunen aus Paris.

Und mein Herz, das freut sich kindlich;
Bloß der Kopf ist etwas schwindlig.
Und ich stammle: "Majestät,
Ob das ohne Priester geht?
Zwar ich selbst bin nicht so frumm,
Aber später geht das dumm;
Heute ist der Pfaff' bereit,
Morgen macht er Schwierigkeit."

Zum Prinzeßchen sieht der König;
Und sie lächelt erst ein wenig,
Darauf sagt sie leis und tonlos:
"Mein Papa ist konfessionlos."
Und der Mohr meint ziemlich roh:
"Laß det man. Et jeht auch so!"

Lieblich setzen die Schalmei'n
Jetzt zu frohem Brautmarsch ein.
Und der gute König flennt:
"'s ist halt immer ein Moment,
Wenn das Kind man, das man liebt,
Einem in die Arme gibt,
Der uns Alte setzet matt,
Weil er Lied und Jugend hat."

Zwölf schlägt leis' mein Schreibtischührchen,
Als der König uns zum Türchen
Unsrer Kammer führt und lang
Küßt dem Mägdlein Mund und Wang'.
"Kleine, hab' ich's gut gemacht?"
Und Prinzeßchen weint und lacht,
Reißt sich los und läuft hinein,
Wo in Kästen schon und Schrein
Blondgelockte, flinke Knaben
Unsern Schatz geschichtet haben:
Perlen, Spenzer für das Rümpfchen,
Ohrgehäng' und seid'ne Strümpfchen,
Fächer aus dem Schwanz der Pfauen,
Stickereien ind'scher Frauen,
Diamantbesetzte Kettchen -
Und im Winkel steht das Bettchen.

Draußen mit vier flotten Schimmeln,
Hinten zwei betreßten Lümmeln,
Auf dem Bock ein Mohrensohn,
Fährt der König allein davon.
Seines Reiches Kleinod und Glück
Blieb an meinem Hals zurück,
Wischt vom Aug ein Abschiedstränchen,
Nestelt aus dem Haar ihr Krönchen,
Sieht vom Bett mir schelmisch zu:
"Lieber, gelt wir sagen ,du'?"
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Meine Köchin, die Kathrine,
Stand am Bett mit finstrer Miene,
Hat mich durch das Wort erschreckt:
"Dreimal hab' ich schon geweckt!
Draußen lacht die Sonne froh -
Geh'n Sie heut' nicht aufs Bureau?"


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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