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Rudolf Presber
Dreiklang
. 1. Auflage 1904
Heil dem Dichter!
(Philistergesang)
Hei, wie wissen wir zu ehren
Einen, der uns Großes schuf,
Dem des Volkes Ruhm zu mehren,
Lebenszweck ward und Beruf.
Folgen seinem hohen Streben,
Seinen Reisen durch die Welt,
Und auch sein Familienleben
Wird von manchem Strahl erhellt.
Wissen Ort genau und Stunde,
Wo er seine Dramen schrieb;
Auch daß einst er in Sekunde
Ganz prosaisch sitzen blieb.
Und wir tuscheln's munter weiter,
Was die Basen in der Stadt
Ausgeschnüffelt: daß er leider,
Leider! ein "Verhältnis" hat.
Eins? nein, zwei! Und auch die Damen
Kennen wir und wer sie sind,
Und woher sie damals kamen -
Und die eine hat ein Kind!!
Und so reden wir mit Lüsten
Von dem Dichter dies und das;
Und wir dürfen uns entrüsten -
Und das macht uns großen Spaß.
Wenn im Alkohol - entsetzlich! -
Sich erschöpft sein Genius,
Wissen wir's, und wenn er plötzlich
Mittellos verhungern muß.
Unsern Kindern zur Vergnügung
Bringt's die Zeitung breit und lang,
Und wir sehen "höh're Fügung"
Auch in diesem Lebensgang.
Doch des Geistes lichte Stärke
Bleibt und lebt - das sieht ein Schaf.
Und wir loben seine Werke
Und wir disputieren brav.
Und im Singen und im Saufen
Preisen wir das Kirchenlicht,
Nur so weit - sein Buch zu kaufen,
Geht der Enthusiasmus nicht!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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