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Dreiklang
162 Bücher



Rudolf Presber
Dreiklang . 1. Auflage 1904



Feengabe

Es heißt im Märchen: es umstehen,
Vom leisen Hauch des Sommerwinds
Verweht die Schleier, güt'ge Feeen
Die Wiege eines Sonntagskinds.
Ich glaub' daran. An meiner Wiege
Stand eine, schön, wie Feeen sind,
Und gab für künft'ge Lebenssiege
Und künft'ges Leid ihr Angebind.
"Ich kann dich reich und glücklich machen;"
So sprach die Gute, "denn ich leg'
Dir in dein Herz ein reines Lachen
Als Trost und Zehrung auf den Weg.

"Und wirst du im Gewimmel finden
Den Gernegroß, der ach so klein,
Und in der Menschheit Frühlingssünden
Den Tugendprotz mit falschem Schein;
Siehst du auf seidnem Lotterbettchen
Die Dummheit, rosig angehaucht,
Die Mißgunst auch, die ihr Stilettchen
In feine Borgiagifte taucht,
Hörst du den falschen Donner krachen,
Theaterzorn der Politik -
Dann lache du dein reines Lachen
Auf Menschenhochmut und Geschick!

"Und bist in all dem Haß und Lieben,
Das dich umstürmt, das dich umwirbt,
Du nur dir selber treu geblieben,
Fürcht nicht, daß dir dein Lachen stirbt.
Sahst du im Schmerze selbst, im großen,
Der dir die Brust in Ketten legt,
Den treuen Trost des Dauerlosen,
Der leis schon an den Eisen sägt,
So klingt durch deine Lebensfeier,
Durch alles, was dich freut und kränkt,
Selbst durch die Saiten deiner Leier
Das Lachen, das ich dir geschenkt!"...

O, daß ich doch dich recht begreife
Und deiner Gabe frohen Sinn!
Sieh, jedes Unglück dient zur Reife
Und jede Freude zum Gewinn.
Ich streife von den blühenden Hecken
Mir Rosen wohl am stillen Tag,
Und von den dürren schneid' ich Stecken,
Zu wandern, wo ich wandern mag.
Ich greif' nach tausend guten Sachen,
Ich nehm' ans Herz, was mir gefällt -
Und hätt' ich nicht mein reines Lachen,
So hätt' ich wenig auf der Welt!

Und wenn ich lachend einst am Ende
Des Traums, ein müder Wandrer, steh',
So küss' ich dankbar deine Hände,
Du gütige, du kluge Fee.
Laß friedlich modern unterm Hügel
Was längst schon reif zur Ernte schien,
Du aber nimm die goldnen Flügel,
Die unsichtbar du mir geliehn.
Nun magst du andre glücklich machen,
Der Vorhang fällt - vorbei das Stück...
Ich bring' dir unbeschmutzt dein Lachen,
Dein heiliges Geschenk zurück!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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