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Rudolf Presber
Dreiklang
. 1. Auflage 1904
Einsamkeit
Ich weiß, du lebst nun ohne Sorge,
Ziehst legitime Kinder groß;
Ich aber komm' noch oft und borge
Mir Glanz für mein Poetenlos.
Du tändelst lachend mit dem Gatten,
Der mutig dich aus Not befreit;
Und finster fällt dein ernster Schatten
Derweil in meine Einsamkeit.
Du ahnst es nicht. Denn sieh die Quelle,
Aus der ich schöpfe, sickert sacht.
Ein Stern gießt freundlich seine Helle,
Den die Erinn'rung mir entfacht.
Und rings die Lande blühn im Schweigen,
Im Sommersegen wallt das Korn -
Und meiner Sehnsucht Träume neigen
Sich, schöpfend aus dem Wunderborn.
Um mich stehn schlanke Königskerzen
Und spenden stolz ihr Blütenlicht;
Und sanft, die Hand auf meinem Herzen,
Der Engel meines Lebens spricht:
Was andre je an Glück erfahren,
Die ihrer Schönheit sich gesellt,
Das Bild aus ihren heil'gen Jahren
Trägst du, nur du durch diese Welt!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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