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Rudolf Presber 
 
Aus
zwei Seelen . 1. Auflage 1914 
 
 
 
Zuweilen wünscht' ich, ich wäre... 
Zuweilen wünscht' ich, ich wäre 
Ein Nabob im Dollarland - 
Da sah ich die Millionäre 
Unter der "Schwarzen Hand". 
 
Sie leben ganz im stillen 
In einem Panzergemach, 
Unfrei in ihrem Willen, 
Wie der arme König im Schach. 
 
Sie haben Millionen gestiftet, 
Zu brechen den bösen Bann; 
Ihr eigenes Brot ist vergiftet, 
Die Hunde verrecken daran. 
 
Und tragen sie ihre Briefe 
Auf Wegen, dunkel und krumm, 
Zur Post, sind Detektive 
Ein Dutzend um sie herum. 
 
Und legen nach Frost und Schwitzen 
Sie angstvoll sich ins Bett, 
Herkulische Neger sitzen 
Als Wache mit dem Stilett. 
 
Und reisen sie in die Fremde 
Und um das Erdenrund, 
Reibt ihnen ein Panzerhemde 
Die fröstelnden Knochen wund. 
 
Sie bergen Gold und Geschmeide 
Und zittern um all den Tand 
Wohl vor dem gelben Neide 
Und vor der "Schwarzen Hand" ... 
 
Da lob' ich, was mein Dichten 
Bescheiden mir gebaut, 
Mein Häuschen unter den Fichten 
Wo keiner ins Fenster mir schaut. 
 
Wo Rosen, Nelken und Wicken, 
Die's gut mit mir gemeint, 
Mir in die Scheiben nicken: 
"Wie froh die Sonne scheint!" 
 
Wo manchmal nur ein Dämchen 
Mit zimperlich zagem Schritt 
Durch niederer Türe Rähmchen 
Ins Arbeitszimmer tritt. 
 
Die sagt mit heißem Gesichte: 
Der Zufall führe sie her. 
Sie liebe nun mal Gedichte, 
Wie ich sie mache, so sehr; 
 
Die aller Sammlungen Zier sind, 
So fein pointiert und nett - 
(Die aber gar nicht von mir sind, 
Sondern von Bodenstedt!) 
 
Die ritterlichen Probleme 
Gelängen so gut mir im Ton - 
(Das sind dann meistens Poeme 
Von Detlev von Liliencron!) 
 
Kurzum: sie sagt mir viel Nettes, 
Auch manches ohne Sinn, 
Und breitet mir dann ein adrettes 
Weißes Zettelchen hin; 
 
Daß ihr die Erinnerung bleibe 
An diese Stunde, so froh. 
Worauf ich gehorsam schreibe: 
"Für Fräulein Soundso;" 
 
Verbeug' mich und sag': es wäre 
Ein Küßchen Dankespflicht - 
Ich neide die Millionäre 
Im Dollarlande nicht!
 
 
 
 
Rudolf
Presber . 1868 - 1935 
 
 
  
 
 
 
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