Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Aus zwei Seelen
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus zwei Seelen . 1. Auflage 1914



Das Hotel der Zukunft

Nun jubelt's zu den fernsten Zonen:
Wie tüchtig sorgt der Menschengeist!
Wie herrlich wird der Enkel wohnen,
Wenn er die weite Welt bereist!
Wo er entsteigt dem Reisewagen
Und hemmt der Räder heißen Lauf,
Tut sich ihm, fern von allen Plagen,
Ein Paradies der Heimat auf.

Der Pförtner quält nicht mit Lappalien:
"Wer sind und woher kommen Sie?"
Er kennt bereits die Personalien,
Gedankenlesend oder wie.
Prunkzimmer hat er (eine Stiege),
Der Mann ist einfach ein Juwel!
Der Lift läuft wie 'ne Engelswiege
Und riecht nach pers'schem Rosenöl.

Das Zimmermädchen heißt Helene
Und ist durch Trinkgeld nicht verwöhnt,
Hingegen schon ob ihrer Schöne
In Östreich mehrfach "preisgekrönt".
Sie weiß durch Lächeln zu beglücken
Und sagt in einem holden Ton:
"Der Herr braucht dreimal nur zu drücken,"
(Sie meint den Knopf) "dann komm' ich schon."

Das Zimmer selbst hat ein Aroma
Von Veilchen (wird nicht mitbezahlt).
Es haben Liebermann und Thoma
Die Türen und die Wand bemalt.
Des Telephones Prachterfindung
Ist ausgenutzt. Im Augenblick
Hat man vom Bett aus die Verbindung
Nach China oder Mosambik.

Die Zimmerkellner, die bedienen,
Die hört man nicht, die sieht man bloß;
Sie zeigen ewig heit're Mienen
Und sind entzückt von ihrem Los.
Sie wachen treu ob dem Gepäcke
Und, wenn's gewünscht wird allenfalls,
Rasieren sie und bügeln Fräcke
Und legen Prießnitz um den Hals.

So manch moderner Wandrer hat 'ne
Musikpassion. Er drücke bloß
Den Pultknopf und - aus der "Ariadne"
Geht munter die Musike los.
Und wer da, geht er abends schlafen,
Zuvor noch gern was Muntres schaut:
Zwei kleine Kinematographen
Sind in den Nachttisch eingebaut.

Und dann der Lärm - o Himmelsfreude! -
Ist streng verbannt aus diesem Haus.
Die Nachbarn sind nur leise Leute
Und schmeißen keine Stiefel 'raus.
Kein Türenschlagen, lautes Kommen,
Kein Kinderschrei im Korridor;
Wer hustet, wird nicht aufgenommen,
Nur wenn er heiser, ein Tenor.

Weh mir, daß ich in unsern Tagen
Noch leb', gemartert und geduckt,
Wo Kellner mit den Türen schlagen
Und oft ein Gast auf Treppen spuckt.
Wo unverdaulich manche Speise
Und Menschen, die ich nie gesehn,
Mit hohler Hand, wenn ich verreise,
Erwartungsvoll am Ausgang stehn ...


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






Gedicht: Das Hotel der Zukunft

Expressionisten
Dichter abc


Presber
Media in vita
Dreiklang
Spuren im Sande
Aus Traum und Tanz
Und all' die Kränze ...
Aus zwei Seelen

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Das Hotel der Zukunft, Rudolf Presber