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Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Zur Weihnachtszeit

Müde war ich des Getriebes
Und von Grillenspuk geplagt,
Keiner, der mir etwas Liebes
Mit der Freundschaft Stimme sagt.
Rings ein Haufe fremder Massen -
Und ein stolzer Schutzmann ritt ...
Und so ging ich durch die Gassen
Trotzig und mit hartem Schritt.

Glitzernd aus den Erkern streuten
Helle Birnen weißes Licht,
All die bunten Dinge freuten
Mein umflortes Auge nicht.
Und ein Schmerz, ein nie gefühlter,
Trieb mich durch die frohe Schar,
Der ich wie auf meerumspülter
Insel ganz vereinsamt war.

Plötzlich an der Straßen Ecken,
Wo das Volk sich klemmt und staut,
Streift mir, wie mit sanftem Necken
Leicht ein grüner Zweig die Haut.
Aufgeputzt mit Tand und Bändchen,
Auf den Ästchen Flock' und Schaum,
Schwankt in roten Kinderhändchen
Mir vorbei ein Weihnachtsbaum.

"Um Verzeihung, Herr, ich bitte" - -
Kind, da ist nichts zu verzeihn.
Faß das Bäumchen in der Mitte;
Siehst du, so wird's besser sein ...
Wie ich so dem Bübchen richte
Seine froh geschleppte Last,
Ist mir's doch, als hätt' das schlichte
Bäumchen meine Hand gefaßt.

Ist es mir, als ob mich streichelt'
Leise sein geschmückter Zweig;
Ein erinnernd Düften schmeichelt
Sich ins Herz mir, gut und weich.
Fernher hör' ich Weihnachtslieder
Und der Lärm der Straße schweigt,
Und aus Abendwolken nieder
Meine tote Jugend steigt.

Stimmen wie aus tiefer Ferne
Klingen gütig mir herauf,
Und es schlagen goldne Sterne
Ihre Himmelsaugen auf.
Und der kleine Kaufmannsladen
Breitet seine Schätze aus,
Und ein Schwarm von Zinnsoldaten
Macht Paradeschritt durch's Haus.

Und mit ihren Zittertönen
Fällt die alte Spieluhr ein:
Kling und klang, bei all dem Schönen
Darf sie nicht vergessen sein.
Und auf bunten Tellern häufen
Braune Kuchen sich zum Fest,
Und die kleinen Lichter träufen
Köstlich Wachs in das Geäst ...

So, nun faß und lauf, mein Kleiner,
Sei ein froher Weihnachtsgast,
Diesen Taler schenkt dir einer,
Dem du mehr gegeben hast.
Heb dir auf als kluger Sparer,
Was du heute nicht verstehst,
Daß du einst als Undankbarer
Nicht durch frohe Menschen gehst!


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






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