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Rudolf Presber
Aus
Traum und Tanz . 1. Auflage 1908
Wohltätigkeitsfest
Donnerwetter, welch ein Geschiebe -
Damen im Ausschnitt, Herren im Frack.
Dukaten fliegen nur so aus dem Sack -
Alles aus reinster Menschenliebe.
Mutterliebe eigentlich -
Denn in all den bunten Buden,
Börse und Kunst und Christen und Juden
Und der Adel (hübsch unter sich),
All das hat sich für wenige Stunden
Für einen Jux am Tagesrest
Lächelnd und jubelnd zusammengefunden;
Zweck und Marke: "Ein Säuglingsfest."
Sekt und Austern, Couplets, Autographen -
Nein, wie geht das doch munter zu!
Und die Snobs und die Modesklaven
Fühlen's ein Stündchen: Coeur ist Atout!
Irgendwo, so hören sie, hocken
Hungernde Mütter am kalten Herd -
Na, ein Gläschen Henkell trocken
Ist solche traurige Chose schon wert.
Fiebernde Kinder in dürftigen Betten
Schreien nach Pflege, die Not ist groß -
Mit Kyriazizigaretten
Kauft man sich von der Trübsal los.
Lächelnd unter Geheimen Räten,
Fleischgewordene Walzer von Strauß,
All die hübschen brillantenbesäten
Patronessen vom Findelhaus.
"Mütter sind wir und fühlen mit jeder,
Die am Kreuzweg gebiert ihr Kind -
Einen Taler der Galapeter
Und ein Dukätchen die Schachtel Lindt...
Doktor, sei'n Sie beim Rundgang mein Ritter!"
Gern-. "Was nähren Sie doch für Grillen? -"
Nichts. Ich dächte bloß, rechte Mütter
Wirken wie rechte Wohltat - im stillen!
Rudolf
Presber . 1868 - 1935
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