Gedichte.eu Impressum    

Gedichte, Lyrik, Poesie

Aus Traum und Tanz
162 Bücher



Rudolf Presber
Aus Traum und Tanz . 1. Auflage 1908



Das ist der schrillste Ton in deinem Leben...

Das ist der schrillste Ton in deinem Leben,
Der nimmer im Gedächtnis dir zerfließt,
Wenn, dröhnend in den alten Eisenstäben,
Das Tor sich deines Elternhauses schließt.....

Kaum deuten noch die blassenden Tapeten,
Wo Bild bei Bild der Kranz der Ahnen hing;
Kein Echo mehr von Fest und muntern Reden
Und all des Jubels, der hier schlafen ging.

Und doch, dir war's, als schlich in stillen Stunden
Einsam ein Geist durch dieses öde Haus,
Der allen Sieg und alle deine Wunden
Viel besser kennt, als irgend wer da drauß';

Als webt' ein Leben in den toten Stuben,
Unsichtbar, doch für alle Zeit gebannt;
Als wacht' ein Aug', das dich als blonden Buben
In deinen kind'schen Spielen noch gekannt.

Als wenn ein Ästchen deiner Weihnachtsbäume
Noch eingeklemmt in dunklen Ritzen wär';
Als flög' ein Schleierfetzen deiner Träume
Hinter verschloss'nen Läden hin und her ...

O, schäm' dich nicht, daß schwer die Ketten schleppen
Wohl hinter dir Erinn'rungen von einst,
Daß du zum letzten Mal die steilen Treppen
Hinuntersteigend bitt're Tränen weinst;

Daß du mit scheuen, tastenden Gedanken
In dunklen Stunden diesen Mauern nahst,
Wo du bekränzte Eichensärge schwanken
Den steilen Stiegenweg hinunter sahst.

Bau dir dein Haus - du hast die Kraft zu bauen -
Stein fügt zu Stein dir, was du wirkst und sparst;
Doch laß die feuchten, müden Augen schauen
Noch manchmal rückwärts, wo du glücklich warst!

Und hör dein Herz: das baut sich niemals wieder,
Was du mit schwanken Knien jetzt verläßt;
Und mancher Heimwehtag scheucht deine Lieder
Wie müde Vögel ums zerstörte Nest.

Das Echo deiner Kindheit ist verschollen,
Kein Baum im Garten, der sich neu belaubt -.
Und keine Hände, die dich segnen wollen,
Erwarte mehr für dein gebeugtes Haupt.

Wohl viel ersetzt sich, was sie dir begruben,
Und herrlich blüht, was dir die Freundschaft warb -
Die Liebe aber jener leeren Stuben,
Die kommt nicht wieder... Deine Jugend starb.

Drum bleibt's der schrillste Ton in deinem Leben,
Der nimmer im Gedächtnis dir zerfließt,
Wenn, dröhnend in den alten Eisenstäben,
Das Tor sich deines Elternhauses schließt.....


  Rudolf Presber . 1868 - 1935






Gedicht: Das ist der schrillste Ton in deinem Leben...

Expressionisten
Dichter abc


Presber
Media in vita
Dreiklang
Spuren im Sande
Aus Traum und Tanz
Und all' die Kränze ...
Aus zwei Seelen

Intern
Fehler melden!

Internet
Literatur und Kultur
Autorenseiten
Internet





Partnerlinks: Internet


Gedichte.eu - copyright © 2008 - 2009, camo & pfeiffer

Das ist der schrillste Ton in deinem Leben..., Rudolf Presber