Bergfahrt

So hab' ich nie die Stadt erlebt wie heute:
Ich saß inmitten vieler fremder Leute
und fuhr zu Berg, von starker Kraft geleitet.
Tief unter mir lag Haus an Haus gebreitet,
hoben sich Türme, rauchumwogte Essen,
zu schauen, wie versteinerte Zypressen,
hochstämmig über einem Riesengrab,
indes mich lebensfrohes Grün umgab.
Gleich neben mir saß eine laute Meute
schulfreier, froher, spannenhoher Leute,
mit Butterbroten voll die kleinen Taschen;
die Augen von der Sonne rein gewaschen
durchturnten sie mit Jubel den Waggon.
Krähten wie junge Hähne Kikeriki,
stolperten, hopsten über meine Knie
und spielten ernsthaft: Mutter, Vater, Sohn.
Dann sangen sie ein altes Märchen hell,
es klang, als plätschere ein reiner Quell
von irgendwo in den Waggon hinein. -
Mir wurde es ums Herz so still und rein
und andachtsvoll sah ich das Häusermeer
zu meinen Füßen haß- und sorgenleer.


  Alfons Petzold . 1882 - 1923

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