Vermächtniß

Vom letzten Funken Seele vor dem Sterben
Setz ich den Telegraphen ein als Erben;

Und diesen Funken Seele, dieses Wort,
Er leit es rasch zu dir, Geliebte, fort.

Dich liebt' ich! heißt's. Mein Täubchen, o mein Lamm,
So kriegst du doch von mir ein Telegramm.

Du hast dafür nichts zu bezahlen, nein!
Ein Bote bringts zu dir, dem schreibst du's ein.

Du schreibst's ihm in das Buch mit schwarzem Rand,
Worin der Schwur von deiner Treue stand.

Der Bote pocht ans Fenster, daß dir graust,
Er trägt ein Blendlaternchen in der Faust.

Er kommt zu dir, wenn du schon träumst vielleicht,
Es ist der Tod, der dir es überreicht.


  Hermann von Lingg . 1820 - 1905

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