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Schlußsteine
162 Bücher



Hermann von Lingg
Schlußsteine . 1. Auflage 1878



Ein Gang im Park

Längs umrankter Gartenmauer
Ragen zwischen dichtem Epheulaub
Urnen längst verschollner Trauer,
Morsch und überdeckt von Staub.

Von der Zeit gerissne Breschen
Grinsen durch das alte Gitterthor,
Und darüber starren Eschen
Ruhig in die Dunkelheit empor.

In dem alten Schlosse regen
Lichter sich, die Fenster glimmen roth,
Unten mit entblößtem Degen
Treffen sich zwei Männer auf den Tod.

Einer, der noch für die Damen,
Für die Ehre seinen Degen zieht,
Der noch mehr auf seinen Namen
Als auf Gold und stolzen Reichthum sieht.

Und der Andre, - sonder Scheue
Uebt er gegen Alles seinen Spott,
Glaubt an Liebe nicht noch Treue,
Und auch, wie er sagt, an keinen Gott.

Seht - beginnt er jetzt zu sprechen:
Seht, mein wackrer Gegner doch zuvor,
Eh wir uns die Hälse brechen,
Erst nach jenem Fenster dort empor!

Wollt ihr nicht zuvor erproben,
Ob die Weibertreue Stich hält, wie?
Wißt! für die ihr kämpft, dort oben
Kost den jungen Edelknaben sie.

Gottesläugner! deiner Seele
Harrt ihr Richter, schreit der Gegner. - Gut -
Ruft der Jüngre - wenn ich fehle,
Dann hast du Recht, also Blut um Blut.

Blitzschnell kreuzen sie die Klingen,
Die vom Fenster aus das Licht erhellt,
Wie sie aufeinander dringen!
Keiner weicht und keiner fällt;

Keiner - bis der Tod sie trennte,
Bis der ein' des andern Brust durchsticht;
In dem nämlichen Momente
Löscht auch oben aus ein schwankend Licht.


  Hermann von Lingg . 1820 - 1905






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