Nachtgebet

Du Herr von unbegrenzter Macht,
Du weißt, wie tief ich lieb' die Nacht,
Wie mir ein frommes Abendlied
Als Liebstes durch die Seele zieht,
Und wie ich ehre deine Sterne;
Wie mich die nächtlich-weite Ferne
Als Sinnbild naher Ewigkeit
Hinaus hebt über alle Zeit;
Wie Der, der zu mir "Abend" spricht,
Mir damit weckt ein ganz Gedicht
Voll Traum und Trost und tiefstem Sinn,
Dran ich in Andacht weiter spinn'.
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Und weil das Letzte ist die Nacht:
Schick' nur nicht die, die elend macht,
Die wetterschwangre, schwüle, schwere,
Nein! jene klare, heilig-hehre,
Die wohl die Seele einsam stellt,
- Doch stark und still und sternerhellt!


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

Expressionisten
Dichter abc