Die heilige Stunde

(nach einem Bildnis von L. Fahrenkrog).

Leben! du bist von heiliger Macht.
Alle Lenze machst du uns trunken.
Sieh! vor deiner brünstigen Pracht
sind wir fromm auf die Kniee gesunken.

Andere stehen und recken sich nackt
in die strahlende Maiensonne;
ihre Glieder sind Rhythmus und Takt.
Weit atmen Wälder und Wiesen Wonne.

Ein hellblondes Germanenweib
prangt wie ein Feld voll goldner Ähren.
Schau! ein Tempel ist ihr Leib.
Und sie wird einen Sohn gebären,

gezeugt aus Erde und Sonnengeist.
Ein neuer Heiland wird er werden.
Nichts steht einsam. Nichts liegt verwaist:
Eins geworden sind Himmel und Erden.


  Karl Ernst Knodt . 1856 - 1917

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