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Gedichte, Lyrik, Poesie

Fahrendes Volk
162 Bücher



Arthur Fitger
Fahrendes Volk . 3. Auflage (vermutlich) 1890



Hertha-Feier

Die Priester wandeln mit Gebet
Zum meerumspülten Haine,
Die Sklaven tragen Weihgeräth
Schweigend im Mondenscheine;
Mit silberblankem Hufe scharrt
Das heil'ge Roß, das weiße,
Und auf die Opferstunde harrt
Das Volk gedrängt im Kreise.

Hin wallt der Zug, und durch die Nacht
Weht noch ein Klang herüber
Wie Festgesang, und schwindet sacht,
Die Fackeln brennen trüber,
Der Nebel wogt im Windeshauch
Und hüllt in dichte Schleier
Jedwedem ungeweihten Aug'
Die dunkle Hertha-Feier.

"Kein Ungeweihter darf sich nah'n,
Wenn wir zum Opfer wallen;
Die Sklaven, die den Dienst versah'n,
Dem Tod sind sie verfallen.
Verehre still, du Menschenkind,
Was ich, der Priester, künde;
Dein Auge sei, dein Glaube blind;
Im Wissen keimt die Sünde."

Stumm harrt das Volk. Auf weiter Flut
Die Wogenkämme leuchten
Und tauchen rings in fahle Glut
Den Strand, den sie befeuchten. -
Da rauscht und hallt es durch den Tann,
Roth flammt es aus den Zweigen,
Hell wiehert Hertha's Lichtgespann;
Dann wieder tiefes Schweigen.

Stumm harrt das Volk. Es weht die Nacht,
Der Ost sich dämmernd röthet,
Die Priester nah'n - es ist vollbracht. -
Die Sklaven sind getödtet,
Am öden Sand dahingestreckt,
Vom Meer hinweggerissen;
Und ew'ges Todesschweigen deckt,
Was sie Geheimes wissen.

Wohl zuckt es noch wie Spott und Hohn
Um ihre bleichen Züge,
Blieb diesem Munde noch ein Ton,
So schrie er: Lüge! Lüge!
Doch sind die Lippen stumm und kalt,
Sie werden ewig schweigen;
Und jauchzend durch die Wälder schallt
Der Sommersonnwend-Reigen.


  Arthur Fitger . 1840 - 1909






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